„Loving“ von Jeff Nichols


Jeff Nichols Golden Globe-Gewinner "Loving" erzählt die Geschichte von Mildred (Ruth Negga) und Richard Loving (Joel Edgerton, links). Foto: Universal Media

Jeff Nichols Golden Globe-Gewinner „Loving“ erzählt die Geschichte von Mildred (Ruth Negga) und Richard Loving (Joel Edgerton, links). Foto: Universal Media

Von Liebe und Leben

Es ist Winter. Richard sitzt auf seiner Terrasse und zündet sich eine Zigarette an. In seinem Gesicht sind die Strapazen der letzten Jahre sichtlich zu erkennen. Ein Mann im Anzug tritt auf die Terrasse und fragt ihn, was er den obersten Richtern am Bundesgericht noch sagen möchte. Richard hält kurz inne und antwortet ganz selbstverständlich: „Sagen sie den Richtern, dass ich meine Frau liebe.“ Ein beinahe belangloser Satz für einen Gerichtsprozess. Doch es ist die Quintessenz des Films.

Richard und seine Frau Mildred sind schon einige Jahre verheiratet. Eigentlich kein großer Deal, doch für den Bundesstaat Virginia ein Dorn im Auge, denn Richard ist ein weißer Mann und Mildred eine farbige Frau. Beide leben Ende der 1950er Jahre nördlich von Richmond im Bundesstaat Virginia. Zu dieser Zeit sind Mischehen gesetzlich verboten und stellen eine Straftat dar. Als Mildred im Alter von 18 Jahren schwanger wird, beschließt Richard sie zu ehelichen. Da er sich bewusst ist, dass es gesetzlich verboten ist, heiraten sie legal in Washington D.C. Nach ihrer Rückkehr nach Virginia werden beide nach einen anonymen Hinweis verhaftet und vor Gericht gestellt. Sie plädieren auf schuldig und entkommen so einer Gefängnisstrafe. Dennoch bekommen sie im weitesten Sinne die Höchststrafe, beide dürfen den Bundesstaat 25 Jahre lang nicht als Ehepaar betreten und müssen sofort ausreisen. Sollten sie dennoch zurückkehren droht das Gefängnis. Mit diesem Urteil beginnt ein jahrelanger Kampf, um ein Menschenrecht, welches eigentlich nicht rechtswidrig sein sollte: Das Recht zu lieben und leben.

Loving“ behandelt den historischen Rechtsfall Loving vs. Virginia, der am 12. Juni 1967 sein Ende fand und die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika grundlegend veränderte. Regisseur Jeff Nichols thematisiert nicht nur diesen Fall, sondern vielmehr: Die Geschichte von Mildred und Richard ist auch eine Geschichte der Rassenfeindlichkeit und Diskriminierung. In den 50er und 60er Jahren herrschten in einigen Bundesstaaten (auch gesetzlich gesehen) noch einige Nachteile für Afroamerikaner, obwohl diese genauso amerikanisch sind wie ‚weiße‘ Amerikaner. Gerade in Virginia galten bis Ende der 60er Jahre absurde und diskriminierende Regeln und Gesetze für das berufliche und persönliche Leben, z.B. getrennte Toiletten oder getrennte Bereiche im Bus, so mussten Farbige im Bus immer hinten sitzen. Genauso war es mit der Eheschließung. Es durften per Gesetzt zu dieser Zeit in Virginia und 16 weiteren Bundesstaaten keine weißen und farbigen Amerikaner heiraten und Kinder in die Welt setzten. Das Drama nähert sich diesen Themen auf eine einfühlsame, aber nie kitschige Weise. Richard ist die Schlüsselfigur dazu. Für ihn ist es selbstverständlich bei einem Autorennen nicht unter ’seinesgleichen‘ zu sein, sondern sich auf die Seite seiner Freunde zu stellen und vor allem an die Seite seiner geliebten Mildred. Als weißer Mann steht er alleine in einer Menge von farbigen Männern und Frauen. Richard steht neben seiner Frau und seinen Freunden. Während des Films wird verständlich, dass es Mildred ist, die für die Menschenrechte kämpft. Also eine klare Rollenverteilung. Immer dann, wenn Richard emotional aus der Bahn geworfen wird, ist es Mildred, die ihn wieder einfängt. Für ihn ist es normal zu heiraten, Kinder zu bekommen, ein Haus zu bauen und der Versorger der Familie zu sein. Er sieht in seiner eher naiven aber bodenständigen Einstellung keine Straftat. Er hat sich nur verliebt und will mit seiner Familie leben.

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