Retrospektive: Bud Spencer im Babylon Mitte


Filmplakat: "Vier für ein Ave Maria"

Filmplakat: "Vier für ein Ave Maria"

Hau drauf!

Ich hatte keine Liste. Ich hatte eine Flasche Budweiser-Bier – mein Lieblingsbier – vor mir. Und Spencer Tracy war immer mein Lieblingsschauspieler, also war meine Wahl ganz einfach.“ So erklärte Carlo Pedersoli einst seinen Künstlernamen. Bud Spencer stellt in der cineastischen Welt ein Unikum da. Zusammen mit seinem langjährigen Freund Terrence Hill (bürgerlich Mario Girotti) schuf er ein eigenes, kleines Universum im Genre der Komödie. Genau genommen gehört er aber in die Liste der großen Charakterdarsteller. Während Vincent Price das stereotype Böse und Irre verkörperte, Cary Grant das Charmante und Erotische, Lee Marvin das Markante und Rücksichtslose, so verfeinerte Bud Spencer konsequent das Cholerische, Grobschlächtige aber auch Gutmütige. Er ist der stereotype Dicke. Der Reiz seiner bekanntesten Filme besteht darin, dass er einen Glücksritter mit unscharfer Wahrnehmung und problematisch reduziertem Schlüsseziehen gibt, der eine katastrophal desorganisierte Kommunikation mit seinen Filmpartnern pflegt und eine gewisse Resistenz gegenüber der Kritik an den Tag legt. Trotzdem sind seine Helden moralisch integer – und genau deshalb bleibt ihnen ein persönlicher Erfolg versagt.

Ab einem gewissen Punkt werden ihnen (meist katastrophalen) Gesellschaftsverhältnisse aufgenötigt und mürrisch beginnen sie für die Schwachen und Hilflosen zu kämpfen. Sympathische Antihelden, denen das whiskeygeschwängerte, zynische Geraune der amerikanischen Kollegen völlig abgeht. Das Babylon Mitte gesteht dem Dicken nun ganze elf Tage Programm zu. So kann man vom 19. bis 31.August beidhändige Doppelbackpfeifen, senkrechte Faustschläge auf den Kopf, nicht enden wollende Fressorgien und die wohl lustigsten Prügeleien der Filmgeschichte noch einmal auf der Leinwand erleben.

Gab der ehemalige Profisportler sein Kinodebüt 1951 als Prätorianer in der Sandalen-Oper „Quo Vadis“ (Mervyn LeRoy) und wirkte in der Rolle des Conte Cavriaghi in „Der Leopard“ (Luchino Visconti) mit, so erreichte er seinen internationalen Durchbruch 1967 mit „Gott vergibt… Django nie!“ (Giuseppe Colizzi). Dieser Film beginnt mit einer der düstersten Sequenzen in der Geschichte des Italo-Westerns. Ein Bahnhof in einer Wild-West-Anytown mit einer wartenden Menge. Ein einrollender Zug, der nur durch die Begrenzung der Schienen zum Stoppen kommt und ausschließlich tote Passagiere. In seiner ersten Synchronisation ist der Film ein durch und durch zynischer Streifen, der die schlechtesten und verschlagensten Charaktereigenschaften eines Revolverhelden aufzeichnet.

Filmszene: "Zwei vom Affen gebissen"

Filmszene: "Zwei vom Affen gebissen"

Da aber der Nachfolger „Vier für ein Ave Maria“ (Giuseppe Colizzi) wesentlich lustiger und kommerziell ungleich erfolgreicher war, wurde „Gott vergibt… Django nie!“ im Nachhinein neu synchronisiert und kam unter dem nicht besonders glücklichen Titel „Zwei vom Affen gebissen“ erneut in die Kinos. Ganze 13 Minuten fehlen, woraus nun ein Film wie mit einer Gartenschere geschnitten wurde.  In der ersten Fassung wird der Wilde Westen zur Natur erklärt: irrational, sinnlich, schuldig, unbarmherzig, unzivilisiert, ganzheitlich. In der zweiten Fassung ist er nur noch Unterhaltung, eine frivole Gaunergeschichte mit einem zünftigen Bohneneintopf. Jedoch gerade da begann sich der Erfolg von Bud Spencer in etwas zu verwandeln, was man gerne mit dem Four-Letter-Word-Kult umreißt.

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