Fantasy Filmfest 2010: Das Programm steht!


Filmszene: "Enter The Void"

Das Fantasy Filmfest zählt in unserer Republik wohl zu den Festivals mit der treuesten Fangemeinde. Die Dauerkarten für die gesamte Festivalzeit sind oft schon Monate im Voraus ausverkauft. Und auch die aktuelle Preiserhöhung der Eintrittskarten, mittlerweile neun Euro pro Film (12 Euro 3D), werden die meisten Fans wohl schnell verschmerzen. Angst und Schrecken verbinden – aber noch wesentlicher: Der Großteil der gezeigten Filme schafft es in Deutschland nie auf eine große Leinwand. Darum lohnt sich jeder Cent, denn kein anderes Genre-Festival zeigt den Horror so komprimiert und kompromisslos. Für viele Zuschauer ist es oft die einzige Chance, Filme ungeschnitten und in Originallänge auf der Leinwand zu sehen. In diesem Jahr sind es insgesamt 73. Ungewöhnliche, verstörende wie kunstvolle Produktionen aus Europa, Asien und den USA werden vom 17. bis 25. August in den Kinos Cinemaxx und Cinestar am Potsdamer Platz zu sehen sein.

Frankreich hat sich in den letzten Jahren mit ultrabrutalen Horrorstreifen wie Haute Tension (Alexandre Aja), Frontier(s) (Xavier Gens) oder Martyrs (Pascal Laugier) zur führenden Nation im Slasher- und Folter-Metier gemausert. The Pack, der Eröffnungsfilm der diesjährigen Ausgabe, steht den eben erwähnten Filmen in nichts nach. Der Erstling des Franzosen Franck Richard lief bereits im Special Screening des offiziellen Programms von Cannes und sorgte erwartungsgemäß für reichlich Wirbel: Das Premierenpublikum an der Croisette verließ in Scharen und reichlich angeekelt das Kino. Und darum geht es: Irgendwo im Niemandsland liest Filmheldin Charlotte, gespielt von Émilie Dequenne (Pakt der Wölfe) einen Anhalter auf. Zusammen steuern sie ein Truck-Stop-Restaurant an. Als ihr neuer Bekannter dort von seinem Toilettenbesuch nicht zurückkommt, macht sie sich auf die Suche nach ihm und wird von einer Kellnerin gekidnappt. Als sie aufwacht, muss sie realisieren, dass sie das nächste Mahl auf der Speisekarte von Ghouls sein soll, eine Horde blutdürstiger, toter Wesen, die im Keller des Restaurants hausen.

In Enter The Void verkauft Ralph Fiennes (Strange Days) illegale Drogen in Form aufgezeichneter Gehirnströme, die es ermöglichen, die Erlebnisse anderer Menschen wahrzunehmen, als seien es die eigenen. Doch dann tappt er in einem Club namens „The Void“ in die Falle der Polizei. Er flüchtet auf die Toilette und wird dort beim Versuch, die Drogen loszuwerden, erschossen. Sein Körper ist zwar tot, doch sein Geist lebt durch die Drogen weiter. Wie schon in dem viel diskutierten Film Irreversible, muss sich der Zuschauer in Gaspar Noés neuem Werk auf einen extrem nervenaufreibenden Trip einstellen. Noé schickt seine Kamera auf finstere Streifzüge zu den hässlichsten Momenten menschlichen Seins und zeigt in perfider Genauigkeit einen Autounfall, der an die Nieren geht, eine höchst brutale Abtreibung und einen Sexakt, der in der Vagina gedreht wurde.

Bei dem berühmt-berüchtigten Stanford-Prison-Experiment wurden in den 70er-Jahren zwei Dutzend Studenten willkürlich in zwei Gruppen, Wärter und Gefängnisinsassen, eingeteilt und im Keller einer Universität isoliert. Als gezielte Provokationen eine Spirale von Sadismus und Gewalt in Gang setzten und die Versuchsanordnung außer Kontrolle geriet, musste die psychologische Studie damals verfrüht abgebrochen werden. Wie schon Oliver Hirschbiegels Verfilmung Das Experiment vor knapp zehn Jahren mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle basiert auch das amerikanische Remake The Experiment von Paul Scheuring auf der Romanvorlage Black Box von Mario Giordano. Scheurings Adaption schickt Forest Whitaker als übereifrigen Wärter, der jegliche Moral verliert, und Adrien Brody als unangepassten Häftling in den Kampf um Autorität respektive nacktes Überleben. Dabei konzentriert sich der Regisseur im Gegensatz zur deutschen Produktion stärker auf den Actiongehalt und die animalischen Aspekte der Geschichte.

Filmszene: "Suck"

Rob Stefaniuk, Autor, Regisseur und Hauptdarsteller in einer Person, hat mit Suck eine Art „Rocky Horror Picture Show“ für die junge Horror-Generation geschaffen. Auch wenn seine skurillen Charaktere in Suck nicht vom Planeten Transsexuell stammen, sondern ganz irdische Vampire sind. Stefaniuk konnte für seinen Rock’n’Roll-Film ein beachtliches Ensemble um sich scharen, darunter Alice Cooper, Henry Rollins als trashiger Radiomoderator, Moby, Iggy Pop und Burning-Brides-Sänger Dimitry Coats. Zum Inhalt: Die Rockband The Winners tourt durch Nordamerika und versucht erfolglos, einen Plattenvertrag zu bekommen. Als eines Morgens Bassistin Jennifer zum Tourbus kommt, verändert sich alles. Sie ist plötzlich von einer mysteriösen, erfolgversprechenden Aura umgeben. Der Erfolg kommt schnell und genauso die Gewissheit, dass Jennifer nun ein Vampir ist. Dumm nur, dass ihnen jetzt auch Vampirjäger Van Helsing (Malcolm McDowell, A Clockwork Orange) auf den Fersen ist.

Wie in jedem Jahr werden auch zahlreiche Regisseure ihre Produktionen vor Ort im Kinosaal vorstellen. Neben Franck Richard (The Pack) und Gaspar Noé (Enter The Void) werden auch Christopher Smith (Black Death) und Gerard Johnson (Tony) anwesend sein. Nicht zu vergessen: Das alljährliche Kurzfilmprogramm „Get Shorty„, in diesem Jahr mit Kurzfilmen von u.a. Richard Gale und Tomek Baginski, dessen neuer Animationskurzfilm The Kinematograph gezeigt wird.

Martin Daßinnies

Das Programm zum Download

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