Retrospektive: Bud Spencer im Babylon Mitte


Der knurrige Bohnenfresser

Der knurrige Bohnenfresser

So sind die Wild-West-Komödien von ihm eigentlich ziemlich gleich. Er kommt in eine kleine Stadt mit einer naiven Bevölkerung, die nichts Besseres zu tun hat, als ihn sozial zu übervorteilen. So muss er notgedrungen des Öfteren die Rolle des Sheriffs annehmen und falls er doch ein Gauner bleibt, so verliert er am Ende alles oder verteilt es an eben jene naive Menschen, die ein Vertrauen in ihn setzten. Obwohl schablonenhaft und holzschnittartig, es werden nicht selten wirkliche Missstände aufgezeigt. Es existieren ja noch Filme wie „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle“ (Giuseppe Colizzi), wo er den Versicherungsbetrüger Salud mimt, der vorsätzlich Flugzeuge schrottreif fliegt. Eines Tages stürzt er zusammen mit seinem Partner Plata (natürlich Terence Hill) bei solch einer fingierten Sauerei im südamerikanischen Dschungel ab. Dort treffen sie auf Smaragdschürfer, die, wie könnte es anders sein, in die Fraktionen „gut“ und „böse“ geteilt sind.

Sie wittern Profit und beschließen, die „gute“ Fraktion mit billigen Konsumgütern zu beliefern. Dadurch wird das Monopol der bösen Fraktion gestört. Es gibt auf einmal Konkurrenz. Gleichzeitig wird der ewige Proletentraum realisiert, nämlich größtmöglichen Spaß mit größtmöglicher Trägheit zu verbinden. Ein Ausbruch von verborgener Klugheit ist die wirkliche Gefahr, vor der die Fraktionen – wie die Akteure im Einzelnen – möglichst durch (Selbst)betrug fliehen. Ein Miteinander gibt es nur als Gemeinschaft von Dummheit und so werden Salud und Plata am Ende zwar steinreich, haben aber nicht einen Cent in der Tasche.

Die Mehrheit der Bud Spencer-Filme, die in den 1970ern bis 1980ern entstanden, erfüllten die damaligen Bedingungen, um kulturell akzeptabel zu sein: Die Protagonisten erfüllten einen „guten Zweck“. Der Konflikt war pädagogisch wertvoll. Die Charaktere mussten etwas Besonderes sein oder im Plot des Filmes für etwas Besonderes gehalten werden. In den 1990ern verlagerte Buddy seinen Schwerpunkt vom Kino zum Fernsehen. Mit Philip Michael Thomas bestritt er die erfolgreichen Serien „Zwei Supertypen in Miami„, eine Art Spagetti-„Miami Vice„, und „Zwei Engel mit vier Fäusten„, wo noch einmal der dramaturgische Grundkonflikt einer sozialen Übervorteilung aufgegriffen wurde. 2003 erschien ein Tonträger mit neapolitanischen Liedern und 2005 versuchte er sich in der Politik.

Warum er nun ausgerechnet für die „Forza Italia“ kandidieren musste? Nun ja … 2011 erschien seine Autobiografie „Bud Spencer: Mein Leben, meine Filme“ und avancierte innerhalb von weniger Tage zum Bestseller. So erfährt man darin auch seinen Bezug zum Italo-Western: „Der Italowestern hatte in puncto Qualität den entscheidenden großen Sprung nach vorn gemacht. Ein Duell gab es immer noch, aber dieses wurde so ins Lächerliche gezogen, dass die Leute im Kinosaal lachten und pfiffen. Kein Bösewicht kam dabei ums Leben. Wenn überhaupt, trug er einen Dachschaden davon…“ – Filme als sozialer Kitt und soziales Bekenntnis. Der Schlüssel zu seinem Erfolg liegt nicht in seiner Berufswahl als Schauspieler, sondern die „öffentliche Meinung“ über ihn als Nicht-Schauspieler oder begabten, sympathischen Selbstdarsteller. Am 19. August kommt der Dicke mit seiner Familie im Babylon Mitte vorbei, um einer Lesung seiner über 100.000 Mal verkauften Memoiren beizuwohnen. Anschließend wird er ein Gespräch mit seinem Verleger Oliver Schwarzkopf führen.

Joris J.

Bud Spencer, Babylon Mitte, 19. bis 31.August, Programm unter www.babylonberlin.de


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