Hollywood des Ostens

Hongkong Filmfestival 2012 in den Hackeschen Höfen


Ah Tao - 60 Jahren im Dienst der Familie Leung

Ah Tao - 60 Jahren im Dienst der Familie Leung

Vor genau 15 Jahren wurde Hongkong von Großbritannien an die Volksrepublik China übergeben. Dass die Übergabe der Finanz- und Filmmetropole an China mit einem Verlust an Freiheitsrechten verbunden war und ist, zeigte sich unlängst bei der Amtseinführung des neuen Regierungschefs Leung Chunying. Zehntausende Menschen demonstrierten in Hongkong gegen die Herrschaft Chinas. Die ehemalige Kronkolonie genießt zwar weitgehend Autonomie von Peking, doch nicht nur anhand der Filmindustrie lässt sich gut ablesen, dass die Sonderverwaltungszone in den vergangenen Jahren einiges an Freiheiten eingebüßt hat.

Hongkong blickt zurück auf eine mehr als ein Jahrhundert lange Filmgeschichte und verfügt noch immer über eine der größten Filmindustrien weltweit. Jahrzehntelang war die Stadt als das „Hollywood des Ostens“ bekannt. In den 50er Jahren entstanden einige der heute noch existierenden großen Produktionsfirmen, die die britische Enklave zu der größten Produktionsstätte von Filmen nach Hollywood, Indien und Japan werden ließ. Noch vor zehn Jahren  wurden in Hongkong zwischen 150 und 200 Filme pro Jahr produziert. Sowohl im Autorenkino (Wong Kar Wai, Ann Hui, Alex Law) als auch im Blockbusterkino (John Woo) war Hongkong eine verlässliche Marke. Heute kommt die Filmindustrie dagegen nur noch auf rund 50 Filme pro Jahr. Ein Grund ist in der politischen Struktur Chinas zu suchen, denn wer Förderung und Gelder von Peking will, muss sich die Drehbücher genehmigen lassen – und das führt zwangsläufig zu Zensur. So ist es nicht verwunderlich, dass die Unterschiede zum Festlandkino Chinas und seinem primären Unterhaltungsanspruch heute weitaus weniger ausgeprägt sind, als sie das noch vor zehn Jahren waren.

http://www.youtube.com/watch?v=iMPWY6_whBA

Vom Niedergang möchte dennoch niemand sprechen – schon gar nicht das Berliner Wirtschafts- und Handelsbüro Hongkong (HKETO Berlin), das in diesem Jahr vom 5. bis 8. Juli das Hongkong Filmfestival in den Hackeschen Höfen organisiert. „In den vergangenen Jahren hat sich die lokale Filmindustrie diversifiziert und neue Wege beschritten“, heisst es im Pressetext. Gezeigt werden zehn „Highlights“ des Hongkonger Kinojahres, die zwischen bildgewaltigen Historienfilmen („The Great Magician„, „White Vengeance„) und simpler Komödie („East meets West„) changieren. Ann Huis in Venedig vierfach ausgezeichnetes Drama „A Simple Life„, der inspiriert ist von der wahren Geschichte des Filmproduzenten Roger Lee und dessen herzerwärmender Beziehung zur Dienerin und Hausmagd der Familie, wird das kleine Festival eröffnen.

Martin Daßinnies

Hongkong Filmfestival, 5. bis 8. Juli, Kino Hackesche Höfe, Programm unter www.hoefekino.de