55. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm

Brüchige Welten, starke Frauen


Die kleine Lisa in "Lisa, Go Home" von Desana Buraja, Foto: DOK Leipzig

Die kleine Lisa in "Lisa, Go Home" von Desana Buraja, Foto: DOK Leipzig

Es geht um kleine Krisen, es geht um große Krisen – die Filme des 55. Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm gewähren Einblicke in ganz private Geschichten und werfen Schlagschlichter auf bekannte Unruheherde und gesellschaftliche Umbrüche. Es werden namenhafte Gäste aus der internationalen Dokumentar- sowie Animationsfilmszene erwartet und viele Filmemacher, deren Arbeiten in den fünf großen Wettbewerben laufen.

In ihren Erlebnissen spiegeln sich die Krisen der Erwachsenen: Lisa, Agnieszka oder Gaala. Auffällig oft stehen in diesem Jahr bei DOK Leipzig junge Protagonisten, ihre Sorgen und Hoffnungen im Fokus der Filme, die tief in den Alltag der Beobachteten abtauchen und zugleich auf Augenhöhe erzählen. Eine Tendenz, die sich durch viele der 350 Filme zieht, die vom 29. Oktober bis 4. November beim Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm laufen. Zum 55. Mal bringt das Festival Raritäten und Geschichten aus aller Welt und längst vergangenen Zeiten auf Leipziger Leinwände. Es erinnert an in Vergessenheit geratene Filmschätze des sowjetischen Filmstudios Meschrabpom und an bedeutende Werke des europäischen Dokumentaristen Peter Nestler. Mit Barbara Hammer (hier zu unserem Interview), einer Vorreiterin des feministischen Films, und der lustvollen Animationskünstlerin Mariola Brillowska kommen zwei ausdrucksstarke Frauen nach Leipzig. In den Arbeiten von Barbara Hammer geht es immer wieder um gesellschaftliche Randgruppen, um Geschlechterrollen und unterdrückte Historie. Die 73-jährige kommt das erste Mal nach Leipzig und zeigt eine Auswahl ihres mittlerweile über 40jährigen Filmschaffens.

In den Animationsfilmen der gebürtigen Polin Mariola Brillowska geht es nicht ganz jugendfrei zu. Unverblümt und in grellen Farben umkreist sie immer wieder das Thema der Lust. Die polnische Medienkünstlerin präsentiert 14 Kurzfilme. Dem polnischen Animationsfilmschaffen wird in diesem Jahr viel Aufmerksamkeit gewidmet: Neben der Sonderreihe „Lasst die Puppen tanzen!“, die sich der polnischen Puppenanimation nach 1945 verschrieben hat, gehört besonderes Augenmerk dem polnisch-litauischen Filmvisionär Władysław Starewicz, der in seinen Filmen seine animierten Insekten so täuschend echt zum Leben erweckte, dass die Zuschauer dachten, er habe dressierte Käfer verwendet. Nachdem DOK Leipzig letztes Jahr Schlaglichter auf die Umwälzungen in der Arabischen Welt warf, fokussiert es nun fragile Demokratiegefüge und zeigt anlässlich der Wahlen in den USA preisgekrönte Produktionen des amerikanischen Senders POV. Etwas südlicher wandert der Blick im Fokus Lateinamerika, in dem junge Filmemacher im Privaten gesellschaftliche Fragen verhandeln. Und nicht zu vergessen, das Herzstück des Festivals – die fünf Wettbewerbe, die vor allem eines tun: sich viel Zeit zum Erzählen nehmen.

Eileen Reukauf / mit freundlicher Genehmigung des Leipziger Stadtmagazins Kreuzer

DOK Leipzig 29. Oktober bis  4. November, Programm unter www.dok-leipzig.de