Rückblick auf die 20. ContraVision im Colosseum

Visionen in Reinform



"I have a boat"-Darstellerin Luisa Wietzorek nimmt den Award für den Tagessieg entgegen...

"I have a boat"-Darstellerin Luisa Wietzorek nimmt den Award für den Tagessieg entgegen...

Als bemerkenswert abstrus und ideenreich kam hier „Banana Motherfucker“ von Fernando Alle daher, wenn inmitten des peruanischen Dschungels ein Filmteam plötzlich aufs Brutalste von Zombie-Bananen attackiert wird. Der einzige Überlebende des Massakers schleppt den Virus bis nach Europa, wo das Grauen weiter seinen Lauf nimmt. Bananen, die sich durch Augenhöhlen bohren können, wie Bumerang-Geschosse ganze Extremitäten abtrennen oder ihre Opfer rektal aufspießen, wurden bis dato offensichtlich massiv unterschätzt. Wer zukünftig also im Supermarkt am Bananenregal vorbeigeht, sollte besser auf Abstand bleiben, nicht zuletzt auch wegen der Vogelspinnen, die es manchmal zwischen den Stauden versteckt bis in unsere Breitengrade schaffen und bei nichtsahnenden Angestellten und Kunden für Herzaussetzer sorgen (Ja, das hat es alles schon gegeben!).

Nach 15 Minuten Bananen-Blut-Gulasch gibt es für alle, die tapfer durchgehalten haben, im Foyer Bananenscheiben auf Spießen. Die Organisatoren der ContraVision haben sich, wie sich in den kommenden Tagen noch zeigen wird, so einiges einfallen lassen, um ihr leider oft sehr kleines Publikum bei Laune zu halten. Dass der gute Wille nicht zwangsläufig zum Erfolg führt, war eine eher kontraproduktive Pille, die die Veranstalter leider des Öfteren schlucken mussten, wenn erdachte Performances nicht den gewünschten Erfolg brachten, Witze an einem irritierten Publikum abprallten und die sogenannten „Soirees mit Claudia“ und den Filmemachern für eisige Stille im Saal sorgten. Momente, die höchstens von einem peinlichen Husten in der letzten Reihe durchbrochen werden und wo man jeden Augenblick damit rechnet, dass ein Bündel Gestrüpp durch dieses trostlose Bild rollt.

Bei der Wahl der besten Filme sollten solche Nebeneindrücke natürlich außen vor bleiben und die geflüsterte Frage eines Zuschauers bei der Abschlussgala, ob der Festivalleiter Ropien Bodenhaupt „immer so merkwürdig“ sei, stellt sich somit gar nicht. Freuen konnten sich schließlich Joscha Thelosen mit „The Hour Glass“ (Großer Preis der Contra Medienwerkstatt), Florian Arndt mit „Testfahrer“ (3. Platz), Tim Bosse mit „Musik liegt in der Luft“ (2. Platz) und Nathan Nill mit „I have a Boat“ als ultimativer Gewinner des Festivals. Ein Beitrag, der ebenfalls preisverdächtig gewesen wäre, fehlt leider in dieser Riege: Der Dokumentarfilm „The Chewing Gum Man“ (Ana de la Valgoma Romero) über einen Londoner Künstler, der auf dem Asphalt festgetretene Kaugummis bemalt und damit, um wieder auf Claudias Soiree zurückzukommen, etwas wirklich Contravisionäres schafft. Denn hier ist es nicht der Inhalt, der zählt, sondern buchstäblich die Form.

Alina Impe

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