Mastermind Ralf Husmann zum Kinostart von „Stromberg – Der Film“

Der Film ist der Schlusspunkt


In "Stromberg - Der Film" dürfen Ernie (Bjarne Mädel) & Co. die Abteilung für Schadensregulierung der Capitol ihre Versicherung verlassen. Foto: Brainpool / Willi Weber

In „Stromberg – Der Film“ dürfen Ernie (Bjarne Mädel) & Co. die Abteilung für Schadensregulierung der Capitol verlassen.
Foto: Brainpool / Willi Weber

Crowdfunding-Projekte bringen den Vorteil mit sich, dass Produzenten ihren Markt testen können. Hat diese Prämisse das Projekt beeinflusst?
Husmann:
Wären wir nach zwei Monaten bei 15.000 Euro gestanden, wäre das ein Zeichen gewesen, dass den Film keiner sehen will. Umgekehrt haben die sechs Tage, die wir für die Million brauchten, gezeigt, dass ein großes Interesse besteht. Insofern war es auch ein Test. Die Produktion war zum Beispiel dadurch beeinflusst, dass wir größeren Druck hatten, den Film im Februar herzustellen. Hätte dem ganzen nur eine Absichtserklärung zugrunde gelegen, hätte ich ein zweites Verschieben um sechs Monate auch schlecht gefunden, aber mit den Crowdfundern im Nacken war der Druck noch ein anderer, da die Öffentlichkeit anders involviert war. Im Filmgeschäft passiert es dauernd, dass Filme geschoben werden, wenn etwas nicht klappt, aber mit der Öffentlichkeit steigt der Druck, da man ein Versprechen gegeben hat. Da braucht es andere Rechtfertigungsgründe für eine Verzögerung, als zum Beispiel gegenüber einer Bank.

Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, ist sicher unheimlich wichtig, dass ein solches Projekt nicht in ein medial negatives Fahrwasser gerät. Wie ambitioniert ist das anvisierte Ziel eine Million Zuschauer?
Husmann:
Wir haben die Latte bewusst relativ hoch gelegt. Wir wussten, die Million ist sportlich, aber hinzukriegen. Es gibt durchaus deutsche Filme, die das schaffen. Eher wenige, aber wir haben das in unserer Kommunikation so nach außen getragen. Das ist kein Selbstläufer. Wie bei einer Aktie auch, besteht ein Risiko. Selbst eine extrem gehypte Aktie wie Facebook ist nach dem Börsengang erstmal eingebrochen. Da gibt es keine Garantie.

Was passiert, wenn die Million verfehlt wird?
Husmann:
Wenn am Ende nur 300.000 in den Film gehen, haben alle 70 Prozent ihres Investments verloren. Das ist so. Wir haben das Risiko des Investments offen angesprochen. Deshalb haben wir die Summe, die investiert werden konnte, auch auf 1.000 Euro beschränkt. Wir wollten nicht, dass Christoph Maria Herbst der Manfred Krug der Capitol wird und dafür verantwortlich ist, dass Menschen ihr Erspartes aus dem Fenster werfen. Deshalb haben wir auch uns auf maximal eine Million Euro beschränkt. Alles andere wäre unseriös gewesen. Mit zwei Millionen Euro und zwei Millionen angestrebten Kinobesuchern, wäre man an einem Punkt gewesen, wo man sagen muss: Das schaffen überhaupt nur zwei Filme in Deutschland. Wir sind nicht vermessen, die Million zeigt unsere sportlichen Ambitionen, ist aber seriös. Dank der Million lässt sich das Projekt den Leuten auch schnell erklären: Jeder Zuschauer mehr, bringt euch Geld. Mir war wichtig, wenn wir so etwas machen, dass die Leute innerhalb von drei Minuten verstehen, was gefragt ist.

Wie wichtig war diese Einfachheit, um mitunter Menschen zu erreichen, die von komplexen Finanzierungen keine Ahnung haben?
Husmann:
Wir sind selbst durch Zufall auf die Finanzierungsmöglichkeit gestoßen und da unter dem Gesichtspunkt rangegangen: Wie erkläre ich das so einfach, dass du das in drei Minuten verstehst? Die Schwierigkeiten in der technischen Umsetzung, haben wir erst später mitgekriegt. Für mich war das Neuland. Natürlich hatte ich von „Hotel Desire“ und „Iron Sky“ gehört, aber all die Einladungen zu Crowdfunding-Panels, die mich danach erreichten, musste ich absagen, weil ich kein Experte für diese Finanzierung bin. Wir haben das Learning by Doing aufgebaut. Probleme wie, dass in Frankreich viel mehr Menschen mit Kreditkarten zahlen oder dass Investoren ihr Invest widerrufen und vielleicht sogar den Widerruf widerrufen, waren neu.

Weiterlesen: Die Filmkritik zum Nazi-Trash „Iron Sky„.

Eine der Kernthesen für das Experiment Crowdfunding war, dass Sie sich nicht nach den Verleihern richten wollten…
Husmann:
Wir sind keine klassische Filmproduktion. Wir haben noch nie einen Kinofilm gemacht. Wir stellten fest, welch eigener Markt das Kino ist und welch eigenen Regeln es folgt. Parallel hatte ich mit der Verfilmung meines Romans „Nicht mein Tag“ zu tun. Verleiher wollen viele Sicherheiten für das viele Geld, das sie zur Verfügung stellen, weil das auch mal schnell weg sein kann. Da kommt schnell die Idee auf, ob Matthias Schweighöfer nicht im Hintergrund eine Lampe halten kann. Die Freiheit, die wir Stromberg für das Fernsehen hart erarbeitet haben, wollte ich ins Kino retten. Wieso im Kino Zwängen unterordnen, die wir im Fernsehen nicht haben? Wir wollten den Film so finanzieren, dass wir das Geld haben, ohne uns rechtfertigen zu müssen. Es musste nix zusätzlich explodieren und nichts in den Tropen spielen. Es ging also eher um das Geld, was fehlte, nach Förderung und dem was wir hatten. Andere Investoren machen den Film nicht automatisch schlecht, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn Fehler gemacht werden, ich die am liebsten selbst mache.

Für Laien ist immer schwer zu verstehen, wie Filmfinanzierung funktioniert…
Husmann:
Ein Film ist teuer. Im deutschen Kino sind wir am unteren Ende, wenn wir das international vergleichen – und doch bist du schnell bei vier oder fünf Millionen Euro und die müssen irgendwo herkommen. Es gibt keinen Mäzen, der einem fünf Millionen Euro in die Hand drückt und sagt: Macht was ihr wollt. Es sind immer Mischkalkulationen aus verschiedenen Töpfen. Aber jeder der Geld gibt, will mitreden. Das ist nachvollziehbar. Das sitzen keine Vollidioten die Geld haben und nicht wissen, was sie damit tun sollen. Aber wenn sieben, acht Leute darüber abstimmen, ob ein Witz lustig ist, wird es schnell blöd.

Konsens ist für Humor schädlich?
Husmann:
Richtig. So hatten wir die Kohle und konnten damit umgehen, wie wir es für richtig hielten. Im Zweifel kommt was Gutes dabei raus – oder eben nicht. Wir hatten bei „Stromberg“ relativ große Freiheiten.

Die Fragen stellte Denis Demmerle.

Hier unsere „Stromberg„-Kritik.

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