Das Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala im Interview zu ICH SEH ICH SEH

Das Schweigsame eint uns mit Haneke


Zwei Gesichter, eine Wahrheit: In "Ich seh, ich seh" wollen die Zwillingsbrüder Lukas und Elias (Lukas und Elias Schwarz) herausfinden, was aus ihrer Mutter geworden ist. © Koch Media

Zwei Gesichter, eine Wahrheit: In ICH SEH ICH SEH wollen die Zwillingsbrüder Lukas und Elias (Lukas und Elias Schwarz) herausfinden, was aus ihrer Mutter geworden ist. © Koch Media

Die Schauspieler der Zwillinge waren nicht eingeweiht. Sie wussten nur grob, was passiert, kannten aber nicht den Ausgang des Films.
Franz:
Genau. Wir haben den ganzen Film auch deshalb chronologisch gedreht. Jeden Tag haben wir ihnen ein bisschen mehr verraten. Die beiden haben den Drehprozess wie ein Detektivspiel erlebt. Sie waren sehr interessiert, wie es weitergehen würde. Ist sie unsere Mutter? Ist sie ein Alien – oder wer ist das?
Fiala: Wir haben einige Entscheidungen schon entgegen der Effizienz getroffen. Für den Drehplan wäre es viel gescheiter gewesen, zum Beispiel die letzte Szene am ersten Drehtag zu drehen, das wäre für unseren Film aber tödlich gewesen, wenn die Kinder am ersten Tag schon genau wissen, was alles passiert. Genauso die erste Begegnung der Kinder mit der Mutter. Die beiden kannten Susanne Wuest so, aber Maske und Verband haben sie nie gesehen. Das erste Mal, dass sie Susanne mit dem Verband sehen, sollte sein, wenn sie die Tür aufmachen und sie am Fenster steht und die Kamera filmt sie dabei. Das ist ein absoluter Mehraufwand.

Ich hab gelesen, ihr habt früher zusammen Videokassetten geguckt. Waren da auch viele Horrorfilme dabei? Vielleicht sogar welche die als Inspiration genutzt wurden?
Franz:
Er hat früher auf meine Kinder aufgepasst. Ich hab ihn bezahlt, indem wir zur Videothek gegangen sind und VHS Kassetten ausgeliehen haben. So hat das angefangen. Wir beiden mögen eben sowohl FREITAG DER 13. als auch John Cassavetes Filme, um mal zwei Marken zu nennen. Wir teilen eine Vision davon, wie Filme sein sollen. Dass wir so einen gemeinsamen Blick haben, ist schon sehr ungewöhnlich. Wir wissen, dass es ein Geschenk ist. So etwas kann man sich nicht erarbeiten. Man muss schauen, dass man es sich bewahrt.

Und wie wurde die Zusammenarbeit am Set umgesetzt?
Franz:
Wir haben keine Aufgabenteilung. Regie führen, heißt oft Probleme lösen. Man nimmt sich was vor und wenn es wie in unserem Fall der erste Spielfilm ist, dann klappt es gerne mal nicht direkt. Diese Problemlösung ist zu zweit natürlich viel lustiger, interessanter und schneller.
Fiala: Zu zweit kann man sich trotz des finanziellen Drucks eines ersten Films besser durchsetzen. „Doch, wir brauchen das jetzt, sonst wird der Film nichts“, sagt sich zu zweit einfach leichter. Man lernt zu sagen, „wenn es hagelt, dann lassen wir alles stehen und filmen irgendwas im Hagel“. Auch wenn der Drehplan strikt ist. Das ist dann egal. Man muss Geschenke auch annehmen können.

Die Fragen stellte Emily Grunert.

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