„Boys in the Sand“ von Wakefield Poole


"Boys in the Sand": Der Sonne entgegenstreckende Männerkörper, Foto: Pornfilmfestival Berlin

"Boys in the Sand": Der Sonne entgegenstreckende Männerkörper, Foto: Pornfilmfestival Berlin

Umgebung, Bewegung und Körper

Der erste erfolgreiche Schwulen-Porno, „Boys in the Sand„, wurde 1971 von Wakefield Poole gedreht, dem die Branche später den Namen „Father of Porn“ verleihen sollte, noch bevor 1972 „Deep Throat“ zum kommerziellen Erfolg avancierte. Poole filmte bereits Anfang der 1970er, was Künstler wie Andy Warhol und Paul Morrissey nicht bereit waren zu zeigen: schwule Männer beim Sex. Hardcore. Ohne Tabu und blinden Fleck.

Es ist bekanntlich sehr einfach, Pornofilme schmutzig und glatt zu produzieren, es ist aber alles andere als einfach, aus einem sexuellen Akt etwas  Warmes, ja geradezu Empfindsames herauszuarbeiten. Wakefield Poole ist das gelungen. „Boys in the Sand“ drehte er auf Fire Island, einer Insel südlich von Long Island, in deren hochästhetischer Natur er nackte, erwachsene, sich der Sonne entgegenstreckende Männerkörper stellt. Poole erlaubt es seinem Film gleichwohl romantisch und naiv, zuweilen sogar humorvoll zu sein, so, wie man sich selbst wohl zuweilen betrachtet: Fehlerhaft. „Boys in the Sand“ ist voller leidenschaftlicher Küsse, die man heute eher selten in einem pornografischen Werk findet. Dabei zeigt doch gerade diese Nähe zwischen Menschen die Besessenheit, die aus einer sexuellen Anziehung heraus entsteht. Man blickt hier auf begehrende Körper und nicht auf Schausteller, die einen Akt vollziehen. Wichtig in Pooles´ Arbeit sind darum die Personen, die Schauspieler, die hier als Partner agieren, Gefallen zeigen und Spaß am Sex vor der Kamera haben.

Aber nicht nur Poole erlangte Bekanntheit durch diesen Film. Sein Hauptdarsteller Casey Donovan ebenso. „Boys in the Sand“ war anfänglich als Kurzfilm-Experiment gedacht, funktionierte aber so gut, dass Poole beschloss, mit seinem Hauptdarsteller zwei weitere Szenen zu drehen. Jung und unerfahren, Poole zeichnet sich sowohl für die Kameraarbeit als auch den Schnitt zuständig, entstand so letztlich ein Film, der gerade durch seine Nähe zum Amateurhaften fasziniert. Überspitzt wird dieser Eindruck durch die Körpersprache, auf die sich der Poole stützt. „Boys in the Sand“ kommt ohne Dialoge aus, verwebt stattdessen Umgebung, Bewegung  und Körper zu einem Verlangen.  Obwohl Donovan in jeder Szene einen neuen Partner hat, will man als Zuschauer nicht wissen, woher dieser kommt. Vielleicht sogar, warum es ihn überhaupt gibt. Poole treibt ein Spiel, eine Vorfreude auf den Moment der Lust, der sich ekstatisch im Moment der Intrige auflöst.

Und dennoch sind alle drei Szenen des Films von einer Wärme getragen, die ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit in sich trägt. Die Männer scheinen von der Außenwelt rätselhaft isoliert und man fragt sich unwillkürlich, wo sich in diesen Bildern das Paradies befindet. Diese Nacktheit zu beobachten, ist ein sinnliches Erleben, bei dem man sich als Zuschauer keinen Moment scheut, wirklich einmal hin zu schauen.

Jekaterina Petrova