„The Color Wheel“ von Alex Ross Perry


Zwei, die sich hassen, wagen eine Reise. Foto: Unknown Pleasures

Zwei, die sich hassen, wagen eine Reise. Foto: Unknown Pleasures

Narziss vs. Zyniker

Die Geschwister Colin und JR hassen sich. Der Grund dafür dürfte im gemeinsamen Genmaterial liegen. Beide sind dickköpfig, vorlaut und respektlos. So ähnlich sich die beiden charakterlich sind, so verschieden leben sie. Der gehemmte Colin wohnt bei den Eltern, führt eine mies laufende Beziehung und hat einen stinklangweiligen Job. Die narzisstische JR ist in die große Stadt gezogen, um Nachrichtensprecherin zu werden. Allerdings wählt sie nicht den Weg der harten Arbeit, sondern geht stattdessen eine Liaison mit ihrem Medienprofessor ein.

Was liegt da näher als die beiden blutsverwandten Antipoden gemeinsam auf einen Roadtrip zu schicken? Das dachten sich auch die beiden Drehbuchautoren und Hauptdarsteller  Carlen Altman (JR) und Alex Ross Perry (Colin). Letzterer zeichnet zusätzlich für die Regie verantwortlich.  Diese mehrfache Personalunion verdeutlicht: „The Color Wheel“ ist ein klassischer Low Budget-Film und der Gedanke, dass die Schwarz-Weiß-Bilder vor allem der Kaschierung einer miesen Kamera geschuldet sind, drängt sich leicht auf.  Doch die Homevideo-Ästethik bringt nicht nur Nachteile – sie lässt die Geschichte authentisch und lebensecht wirken.

Nun, warum sollten zwei Menschen, die sich hassen, eine gemeinsame Reise wagen? JR wurde von ihrem Professor verlassen und muss ihre Sachen aus dessen Wohnung holen. Da sie keine Freunde hat, muss eben der Bruder als Lastesel, Fahrer und seelische Unterstützung herhalten. Dass sich die beiden im Laufe des Films kennen und schätzen lernen, ist natürlich geschenkt. Doch in „The Color Wheel“ geht es nicht um das Was sondern um das Wie.

Die meiste Zeit liefern sich beiden Zyniker herrlich gemeine Wortgefechte, die weit über die üblichen Sticheleien zwischen Geschwistern hinausgehen. So erklärt Colin JR, dass sie zur Beerdigung der Tante nicht eingeladen wurde, weil die Familie befürchtete, die Egomanin hätte dort die Stimmung gedrückt.  JR hingegen überzeugt durch ein derart freches Mundwerk, dass einige Lacher im Hals stecken bleiben. Auch der Medienprofessor zieht mit seiner überzogen prätentiösen Art den schmunzelnden Hass des Publikums auf sich und selbst die Annäherung des Geschwisterpaares kommt nicht ohne skurrile Anekdoten aus. Und so kann „The Color Wheel“ mit ungewöhnlichen und pointierten Dialogen überzeugen, die letztendlich auch die mittelmäßige filmische Umsetzung des Drehbuchs vergessen lassen.

Peter Correll