„Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes“ von Julian Radlmaier


"Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes" ist Julian Radlmaiers Abschlussfilm an dffb und läuft in der Perspektive Deutsches Kino der Berlinale. © faktura film

„Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes“ ist Julian Radlmaiers Abschlussfilm an dffb und läuft in der Perspektive Deutsches Kino der Berlinale. © faktura film

Julian Radlmaier schafft mit seinem Film eine intelligente Politsatire in der er jede Seite durch die Mangel dreht. Er ergreift keine Partei für einen idealistischen Kommunismus oder einen aufklärenden Liberalismus – oder sonst einem Ismus. Gerade die absurde Verstrickung und Widersprüchlichkeit, die nur eine einzige Positionierung mit sich führt, zeigt er spielerisch auf. Dabei geht er nicht plump oder belehrend vor, sondern verwendet altbekannte Floskeln in einem unerwarteten Kontext, die dadurch an neuer Bedeutung gewinnen. Der Film sagt, dass unser ganzer Alltag politisch ist und dieser differenziert betrachtet werden muss, denn ansonsten ergibt sich eine restriktive Sicht auf’s Ganze.

Gleichzeitig funktioniert „Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes“ auch als ironische Betrachtung des Künstlerstatus’ in Berlin. Der Autor amüsiert sich über eine erzwungene Intellektualität ohne Substanz, eine Scheu des selbsternannten Intellektuellen sich Gedanken übers Finanzielle oder die körperliche Arbeit machen zu müssen. Künstlersein steht vor dem künstlerisch aktiv sein, es geht um eine Haltung und nicht um das Erschaffen von Kunst oder den eigenen künstlerischen Ausdruck, also Künstlersein als Statussymbol.

Radlmaier spielt selbst eine der Hauptrollen im Film und beweist einen außergewöhnlichen Sinn für Komik. Seine Darsteller hat er insgesamt hervorragend ausgewählt, angefangen beim Duo Sancho und Hong, das weitläufig Assoziationen an historische Duos von Don Quichote und Sancho Panza über die beiden Unglücksraben von Pasolini („Uccellacci e uccellini„, 1966) hin zu dem ungleichen Paar aus Buñuels „Die Milchstraße“ (1969). „Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes“ ist Radlmaiers Abschlussarbeit an der dffb und läuft an der Berlinale in der Sektion Perspektive Deutsches Kino.

Teresa Vena

Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes„, Regie: Julian Radlmaier, Darsteller: Julian Radlmaier, Deragh Campbell, Kyung-Taek Lie, Beniamin Forti, Ilia Korkashvili, Bruno Derksen, Anton Gonopolski, Johanna Orsini-Rosenberg, Mex Schlüpfer, Natia Bakhtadze, Kinostart: 8. Juni 2017

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