PETITE MAMAN von Céline Sciamma


Céline Sciamma, vielfach ausgezeichnet für ihren Film PORTRÄT EINER JUNGEN FRAU IN FLAMMEN (2019), widmet sich in ihrem filmischen Werk immer wieder neuen weiblichen Perspektiven. Dabei ist es ihr ein wichtiges Anliegen, den Filmzuschauer:innen Raum für eigene Interpretationen zu lassen. So soll auch PETITE MAMAN noch lange nach Ende des Films in den Zuschauer:innen nachhallen und zu gedanklichen Zeitreisen in die eigene Familiengeschichte inspirieren – was der Regisseurin und Drehbuchautorin bravourös gelingt.

In nur 72 Filmminuten erschafft Céline Sciamma mit PETITE MAMAN die zauberhafte kleine Geschichte zweier Mädchen, hervorragend gespielt von den Schwestern Joséphine und Gabrielle Sanz. Die beiden treffen sich in einem herbstlichen Wald, aus dem zwei Wege hinausführen: Einer führt zu Marions Elternhaus in der Gegenwart, der andere zum selben Haus, nur 23 Jahre früher. Nelly und Marion begegnen sich mit gegenseitigem Interesse, schließen Freundschaft und erfahren nach und nach, auf welche Weise ihre Geschichten miteinander verbunden sind.

Gedreht wurde in Céline Sciammas Heimatort Cergy-Pontoise nahe Paris. Den Wald gibt es dort wirklich, die Häuser entstanden dagegen nach Sciammas Vorgaben in einem Studio. Die Einrichtung erinnert zwar an vergangene Zeiten, lässt sich aber nicht eindeutig einem Jahrzehnt zuordnen, sondern verbindet typische Einrichtungsgegenstände aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Frankreich. Darüber hinaus ließ die Regisseurin Erinnerungen an die Wohnungen ihrer beiden Großmütter in die Gestaltung einfließen. So entsteht ein zeitloses, poetisches und berührendes filmisches Märchen über Mütter und Töchter, familiäre (Ver-)Bindungen, Sorgen und Zuversicht, Abschiede und Neuanfänge, die jede:r auf die eigene Familiengeschichte beziehen und in der Fantasie durchspielen kann.

Stefanie Borowsky

PETITE MAMAN, Regie: Céline Sciamma. Darsteller:innen: Joséphine Sanz, Gabrielle Sanz, Nina Meurisse, Margot Abascal, Stéphane Varupenne.

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