„Das blaue Zimmer“ von Mathieu Amalric


"Das blaue Zimmer" ("La Chambre Bleue") von Mathieu Amalric überzeugte bei den Französischen Filmtagen Stuttgart/Tübingen. Foto: Arsenal Filmverleih

„Das blaue Zimmer“ („La Chambre Bleue“) von Mathieu Amalric überzeugte bei den Französischen Filmtagen Stuttgart/Tübingen. Foto: Arsenal Filmverleih

Die Lust am Pranger

Der selbstvergessenen Lust wohnt das Verhängnis inne. Wir folgen der Kamera den Gang hinunter in das blaue Zimmer, das keine Uhrzeiten und Verantwortlichkeiten kennt, nur das zerwühlte Bett und den schönen Frauenkörper darin, der sich nackt auf den Rücken rollt, um die Schenkel zu öffnen. Und wir begreifen: Hier gibt es sicherlich keine Rationalität mehr, hier wurde schon zu viel in Kauf genommen.

In Zeitsprüngen zwischen dem Jetzt und Damals erzählt Mathieu Amalrics „Das blaue Zimmer“ („La Chambre Bleue„, nach einer Romanvorlage von George Simenon aus dem Jahr 1964) eine der ältesten Geschichten der Welt, die der außerehelichen Affäre ein weiteres Mal.

Wie Julien (Amalric übernimmt eine der Hauptrollen selbst) nach Jahren in das Heimatdorf zurückkehrt und mit der aparten, zu großen, sozial unerreichbar geglaubten Esther (Stéphanie Cléau) eine intensive Liebesbeziehung eingeht. Erst schließen sie das Fenster, dann steht es irgendwann offen, dann schlafen sie beide für die Welt da draußen sichtbar miteinander, ans Fenstersims gelehnt. Die Hemmungen, sie fallen schnell.

Die Worte, die zwischen den beiden gewechselt werden, sie erscheinen so nebensächlich wie bedeutungsschwanger: Alles Dahingesagte könnte genauso gut ein Versprechen sein. Dazwischen wieder schweißfilmüberdeckte Körper und ein Tropfen Blut auf dem weißen Bettleinen, der schon wie die böse Vorahnung der letztendlichen Konsequenzen erscheint.

Doch da ist das andere Zimmer, das jedweder Erotik entbehrt: Das Verhörzimmer, in dem Julien dem Richter Rede und Antwort stehen muss für mindestens ein Verbrechen, das aus dieser außerehelichen Affäre entstanden sein könnte. Dazwischen immer wieder kriselnde Ehemomente zwischen Julien und seiner Ehefrau Delphine (Léa Drucker).

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