„Es war einmal Indianerland“ von Ilker Çatak



Es ist kein Zufall, dass die Abhandlung der Geschichte als Aneinanderreihung von Szenen ohne offensichtliche Chronologie geschieht. Sie passt sich dem Innenleben und sprunghaften Denken des jungen Mannes an. Die ungewöhnliche Erzählform bestehend aus Zeitsprüngen, Ellipsen und wildem Vor- und Zurückspulen und Wiederholungen. Dank Video-Icons wie ⏩ ⏯ ⏪ ist das aber immer gut nachvollziehbar.
Das ist ein Verdienst, des wunderbaren Schnitts des Films, das ihn im Vergleich zu anderen Coming-of-Age-Storys deutlich von der Masse abhebt. Die gleichnamige literarische Vorlage stammt aus der Feder von Nils Mohl. Mohl veröffentlichte 2011 den knapp 350 Seiten dicken Roman und schrieb zusammen mit Max Reinhold das Drehbuch für den Film. Wer den Roman kennt, weiß, dass die Erzählform mit mehreren Erzählsträngen nebeneinander ohne roten Faden bereits dort existiert und auf die Leinwand übertragen wurde. Sie zählt zu den markanten Eigenschaften dieses Romans und dienst auch als Wiedererkennungsmerkmal des Films. Auch das gesprochene Wort und die Dialoge zwischen den Handlungspersonen machen den Film besonders. Es ist „die richtige Balance aus Witz, Poesie und boxerischer Schlagkraft“, wie Mohl selbst sagt.

indianerland_posterDoch ein Film wäre nichts ohne seine Figuren. Der Cast mischt bekannte mit neueren Gesichtern. Die Hauptrolle übernimmt der 1992 geborene Leonard Scheicher, der seine ersten Schauspielerfahrungen an der „Jungen Bühne“ der Münchner Kammerspiele sammelte. 2011 folgte die erste Film-Hauptrolle. Der Theater- und Filmschauspieler spielt seinen Mauser mit einer außerordentlichen Überzeugungskraft und Authentizität. Es fällt nicht schwer sich als Zuschauer in sein Spiel einzufinden und dem sprunghaften Denken und Handeln des Teenagers zu folgen. Die Gefühlslage des Jungen ist offensichtlich und Scheicher bedient mit seiner Mimik und Gestik die gesamte Palette der emotionalen Verwirrtheit dieser Figur. Er wirkt nie monoton in seinem Spiel. Für die Edda-Darstellerin Johanna Polley ist „Es war einmal Indianerland“ ihr Kinodebüt. Aber ein unbekanntes Gesicht ist sie dennoch nicht, zumindest nicht fürs Fernsehen. Hier war sie bereits in „Der Gutachter“ zu sehen. Bekanntere Gesichter des Film sind Emilia Schüle („Wegwerfmädchen„) und Joel Basman („Unsere Mütter, unsere Väter„).

Die Regie führte Ilker Çatak. 1984 in Berlin geboren, lebte er später in Istanbul, wo er auch sein Abitur absolvierte. In Berlin und Hamburg studierte Çatak Film & Filmregie. Mit „Es war einmal Indianerland“ feiert der junge Filmemacher sein Spielfilmdebüt. Zusammen mit den Drehbuchautoren Mohl und Reinhold ist es Çatak gelungen eine Jugendgeschichte der besonderen Art auf die Leinwand zu bringen. Eine gute Mischung aus urbanen Western, Roadmovie, Action und Lovestory gepaart mit einer guten Besetzung und einer ungewöhnlichen, aber klasse Erzählform. Stellt sich nur noch eine Frage zum Schluss: Was macht eigentlich dieser Indianer im Film?

Sophia Förtsch

Es war einmal Indianerland„, Regie: Ilker Çatak ; DarstellerInnen: Leonard Scheicher, Johanna Polley, Emilia Schüle, Clemens Schick, Joel Basman, Johannes Klaußner; Kinostart: 19. Oktober 2017

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