„Gefühlt Mitte Zwanzig“ von Noah Baumbach


Josh (Ben Stiller, links) fasziniert die jugendliche Energie von Jamie (Adam Driver). Foto: Filmfest München

Josh (Ben Stiller, links) fasziniert die jugendliche Energie von Jamie (Adam Driver). Foto: Filmfest München

War sein letzter Film „Frances Ha“ eine gutgeschliffene Slacker-Perle in schwarz weiß, die das Lebensgefühl der Generation Ende Zwanzig in New York einzufangen suchte, so geht „Gefühlt Mitte Zwanzig“ einen etwas anderen Weg: Statt auf Charakter setzt er auf Klischée. Das forcierte Happy End zeugt von einer Versöhnlichkeit, die dem Film nicht gut tut.

Weiterlesen: Unsere Kritik „Die Traumtänzerin von Denis Demmerle zu „Frances Ha„.

In einer Gesellschaft, die das ewige Kind zelebriert, ist die Erkenntnis, dass es für manche Entscheidungen irgendwann zu spät ist, durchaus ernüchternd. Gerade diese Ernüchterung umgeht Baumbach. Ob das so eine gute Idee ist, bleibt zu bezweifeln. Allenfalls ist sie eine Zuwendung zum Mainstream.

Die Kauzigkeit des Hipster-Pärchens ist eine aufgesetzte. Vinyl statt Mp3, Schreibmaschine statt MacBook, Brettspiele statt Games aus dem App-Store. Beide Altersgruppen werden bei Baumbach simplifiziert und zugespitzt, sie wirken charakterlich weniger dreidimensional als der depressive „Greenberg“ im gleichnamigen Film oder die charismatische Greta Gerwig in „Frances Ha„. Nicht nur Baumbach tendiert zum Massentauglichen, auch Indie-Meister wie Andrew Bujalski entfernen sich mit ihren jüngsten Werken immer mehr von der hinreißend unbeholfenen Trotzigkeit des Slacker-Films hin zu einem erzwungenen und weitaus schwächeren Mainstream-Kino mit Hollywood-Ende.

Zu den Stärken des Films gehört die Reflexion über Dokumentarisches und Fiktion – ein innerhalb der Filmbranche viel diskutiertes Thema. Der Film gewinnt dadurch zwar an Tiefe, was aber durch die aufgesetzten Wendungen der Story wieder ausgehebelt wird.

Die weibliche Besetzung steht dabei im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Naomi Watts und Amanda Seyfried werden von der Bromance zwischen dem unaufhaltsam überzeugenden Adam Driver und dem quengeligen Ben Stiller schlicht überschattet. Damit verschleudert Baumbach viel Potenzial. Statt sich auf die Story zwischen den heterosexuellen, privilegierten, weißen New-Yorkern zu konzentrieren und vielleicht noch nebenbei die Filmbranche zu verreißen, dramatisiert Baumbach unnötig. Was zurückbleibt ist die Hoffnung, dass sein nächster Film „Mistress America“ weniger schematisch und klischéebeladen sein möge.

Deniz Sertkol

Gefühlt Mitte Zwanzig„, Regie/Drehbuch: Noah Baumbach; DarstellerInnen: Ben Stiller, Naomi Watts, Adam Driver, Amanda Seyfried, Adam Horowitz, Kinostart: 30. Juli 2015

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