„Heil“ von Dietrich Brüggemann



Genau durch diese Absurdität gelingt Dietrich Brüggemann etwas, an das der Kinozuschauer nur noch selten zu glauben wagt: eine unterhaltsame deutsche Komödie.
Die Gesellschaftssatire traut sich politisch inkorrekt und aktuell zu sein, lehnt sich in ihren Thesen regelmäßig aus dem Fenster und zeichnet Figuren, die zwar plakativ, aber nur so stereotyp wie nötig sind. Die Dialoge sind dabei bissig, böse und so pointiert wie jeher.

Kein Wunder, dass „Heil“ wie ein Who-is-Who der deutschen Kulturszene anmutet. Von Musikern wie Thees Uhlmann über Regisseure wie Andreas Dresen und Jakob Lass bis hin zu Brüggemann selbst, ließen sich unzählige Kunstschaffende zu Gastauftritten hinreißen und schaffen auf diese Weise ein medienreflexives Filmerlebnis, bei dem jede Minderheit, jede Bewegung und jeder Verein sein Fett wegbekommt. Brüggemann führt in „Heil“ den deutschen Verfassungsschutz, der keine Kontrolle über seine rechtsradikalen V-Männer hat, ebenso vor wie legasthenische Neonazis, affektierte Kunstschaffende, Gutmenschen und Bildungsbürger.
Schließlich hat jeder von ihnen eine Meinung und einen Lösungsansatz für das im Film thematisierte Problem Alltagsrassismus in Deutschland parat.

Weiterlesen: Unsere Kritik „Soldatin der Nächstenliebe“ zu Brüggemanns „Kreuzweg„.

Heil_Berliner_Filmfestivals

Dietrich Brüggemann, der erstmals ohne seine Schwester Anna das Drehbuch auf die Beine stellte, hat sich soweit wie irgend möglich von seinem letzten Film „Kreuzweg“ entfernt, mit dem er im vergangenen Jahr den Silbernen Bären der Berlinale gewann. Auf ganz andere Art hat er bei der Arbeit an „Heil“ aber erneut einen Großteil richtig gemacht. Obwohl sich „Heil“ zum Ende hin zu viel simplen Slapstickhumor erlaubt und die Auflösung des ganzen Chaos etwas zusammen geschustert daherkommt, bleiben Aussage und Machart des Projekts hochinteressant.

Vielleicht kein Film, der gemacht werden musste, aber in jedem Fall ein Rundumschlag, der Beachtung verdient.

Emily Grunert

Heil„, Regie: Dietrich Brüggemann, DarstellerInnen: Benno Fürmann, Jacob Matschenz, Daniel Zillmann, Jerry Hoffmann, Anna Brüggemann, Liv Lisa Fries, Kinostart: 16. Juli 2015

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