„L’Chaim! – To Life!“ von Elkan Spiller


"L’Chaim! – To Life!" von Regisseur Elkan Spiller begeisterte beim Filmfest München. Foto: Filmfest München

„L’Chaim! – To Life!“ von Regisseur Elkan Spiller begeisterte beim Filmfest München. Foto: Filmfest München

„Dieser Film weckt schlafende Hunde“

Auf der 59. Berlinale war Elkan Spiller mit seinem Kurzfilm „Mama L’Chaim“ bei den Shorts vertreten. Nun feiert er mit seinem Langfilmdebüt „L’Chaim! – Auf das Leben!“ Weltpremiere auf dem 32. Filmfest München in der Sektion „Neues Deutsches Kino“. Im Mittelpunkt des dokumentarischen Langzeitprojekts – der Dreh dauerte sieben Jahre – steht Spillers charismatischer und unangepasster Cousin Chaim Lubelksi. Auf amüsante und berührende Weise zeigt Spiller, warum ein alter jüdischer Hippie zu seiner Mutter ins Altersheim zieht.

Mit Haschisch und Hingabe

Chaim sitzt im Auto auf einer verregneten Autobahn nahe Antwerpen. Auf dem Weg zu seiner Mutter hält er an, um sich Haschisch zu besorgen. Früher habe er auch gedealt, jetzt rauche er nur noch, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln. Sein Hemd ist löchrig, auf dem Kopf trägt er eine alte Kappe, sein Gesicht wird von einem dichten Bart bedeckt. In seinen Sechzigern beschließt er, sein bisheriges Leben aufzugeben und zur Mutter – einer Überlebenden der Shoa – ins Altersheim zu ziehen. Das macht er mit viel Mitgefühl, aber mit ebenso viel Sinn für Humor. Ungeschönte Ehrlichkeit und bitterer Witz sind die zwei Pole, zwischen denen der Film oszilliert: Mal singt die Mutter eine ironische Ode auf das KZ Peterswaldau oder wird von ihrem Sohn unterbrochen: Sie solle essen, schließlich konnte sie das im KZ nicht tun.

In Jerusalem hat er ein Zimmer gemietet, das eigentlich für die Mutter vorgesehen war und nun von seinen vielen Büchern bewohnt wird. Für einen Keller sind sie ihm zu heilig. An der Klagemauer betet er neben anderen orthodoxen Juden mit einer vollgepackten Lidl-Tasche – Äußerlichkeiten interessieren ihn nicht. Etwas entrückt wirkt er dann auch in Saint Tropez. Einst verkehrte er hier mit dem Jet-Set, heute kehrt er gerne zurück, um mit alten Freunden Schach zu spielen. „Er schafft es, dass die Menschen ihn für das mögen, was er ist, obwohl sie ihn für sein Aussehen verurteilen„, sagt Spiller im Interview. Vor vielen Jahren hatte Chaim Millionen mit Jeans-Exporten gemacht, die er an der Börse wieder verlor. Auf Bildern von damals gleicht er einem jungen Jean-Paul Belmondo. Nach einer Kinovorstellung, habe eine Dame seinem Cousin sogar einen Heiratsantrag gemacht, sagt Spiller.

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