Festivalbericht Kurzfilmfestival Oberschöneweide
Filmbalsam in Stakkato für die Seele
Filmbalsam in Stakkato für die Seele
Leider war das diesjährige Filmfestival nur mäßig besucht, trotz der mitunter brillanten und qualitativ guten Kurzfilmstreifen. Denn, liebe Berliner, wer am Wochenende wenig bis nichts für seine geistige Horizonterweiterung in der Mutterstadt getan hat, hätte es getrost hier tun können. Alles was die Dramaturgie in petto hat, konnte gesehen, bestaunt, gefühlt und miterlebt werden. Von klassisch tragisch bis humorvoll-komisch kamen gerade in den Zwischentönen der Filme die Attribute zum Tragen, die das menschliche Dasein, ja eben das Leben mit ausmachen.
Freundschaft, Liebe, Sterben, Tod, Scheitern, Neubeginn, Träumen und Fantasie sind Dinge, die in vielen Filmen sehr verdichtet, gleichwohl nicht gestrafft wunderbar erzählt wurden. Viele Storys waren sehr schön rund und harmonisch geschlossen, bis auf wenige Ausnahmen war der Zuschauer nicht allein gelassen und musste nicht – wie so oft bei Kurzfilmen – Handlungsstränge selber weiterdenken und nach einer Logik in nicht gezeigten und nicht gesagten Szenen fahnden. Den Einstieg am Freitag machte die saubere Gaunerklamotte „Elli und Richard„, die ein rüstiges Betrugspaar folgerichtig nach einem Ehekrach in einem Nobelrestaurant wenig später Arm in Arm in einem Hotelzimmer glücklich in Pose zeigt. Der Film entzückt, da Elli nach dem vorgegaukelten Streit allein im Lokal sitzen gelassen, die Zeche natürlich nicht zahlen muss, geschickt und nunmehr mittellos Almosen nebst Kreditkarte und Edelarmbanduhr von der tief ergriffenen Gesellschaft ergaunert. Die Geschichte ist dennoch irgendwie ein alter Hut und sollte nicht unbedingt Lust auf mehr Film machen.
Feingeistigeren Witz offerierte dann aber etwa der Film „Resonanz„, der ein etwas anderes Balz-Procedere eines vietnamesischen Küchenjungen verfolgt. Der Einwanderer Minh, der der deutschen Sprache noch nicht so recht beikommen möchte, nimmt mit seinem Diktiergerät diverse Sounds und Erzählungen seiner Umgebung auf. Dabei trifft er auf eine Blumenverkäuferin, in die er sich verliebt und diese nun umwerben möchte. Doch wie nur? Er geht in den Blumenladen und lässt das Diktiergerät, mit zusammengeschnipselten Mitschnitten aus verschiedensten Gesprächen, die junge Frau auf einen Kaffee einladen. Die sichtlich Geschmeichelte greift in ihrer Tasche zu einer elektronischen Sprechhilfe, führt sie an ihren Kehlkopf und nimmt die Einladung an. In „Liebesmaschine“ korreliert dann gar die Technik mit sexueller Begierde, da ein Mann, nach all den schönen und guten Dingen die er im Leben so hat, eine Sache als das höchste Gut benennt und in diesem Moment seines Monologes den Schlitz eines VHS-Recorders penetriert.
Platz fanden auch die Sehnsüchte nach Zweisamkeit, Freundschaft und der Liebe. Eine Art Hommage „Für Lottchen„, gespielt von der brillant frisch und lebendig daher kommenden Susanne Strach, zeigte durch Aufnahmen dieser sexy Frau und deren Erzählungen über eine vergangenen Beziehung, wie angenehm inspirierend ein Scheitern in der Liebe sein kann und wie man davon zehrt. „Ein paar Geschichten“ von und mit Pina Kühr erkundet den Verlauf einer Beziehung, die durch den zunehmenden Verlust der stimmigen Kommunikation zu Bruch geht. „Lichtspuren“ verband vier Menschen innerhalb einer Nacht zum morgendlichen Kaffeetrinken an einer Imbissbude durch poetische und surreale Bilder. Eine der Protagonisten kehrt nach einer Nachtwanderung lieber an der Imbissbude und nicht am Vorabend in der Dämmerung zu Hause ein. Schließt die Haustür nicht auf und liegt auf einem Tennisplatz, auf dem Tennisbälle verstreut sind, die hin und her zu rollen beginnen. Ein Film, der die Vorstellung eines unsichtbaren Bandes spinnt, dass zwischen Menschen besteht, auch wenn sie nichts ausser das Leben gemein haben.