6. Around The World in 14 Films im Babylon Mitte

Kino mit dem Mut, neue Impulse zu geben


Filmszene: "Mad Circus – Eine Balade von Liebe und Tod"

Filmszene: "Mad Circus – Eine Balade von Liebe und Tod"

Ab Freitag verwandelt sich das Babylon Mitte wieder in ein cineastisches Raumschiff, das in Windeseile 14 Filmregionen der Erde bereist. Around The World in 14 Films nennt sich das „Festival der Festivals“, dessen sechste Ausgabe bis zum 3. Dezember Cineasten verzücken wird.

Die Reise beginnt „wüst“ (NZZ), „rabiat“ (Tagesanzeiger) oder auch „brutal“ (Outnow), wenn den ersten Kritiken zu „Mad Circus – Eine Balade von Liebe und Tod“ zu trauen ist. Beim A-Festival in Venedig wurde das neue Werk vom spanischen Kultregisseur und Drehbuchautor Alex De La Iglesia (u.a. „Perdita Durango„) 2010 mit dem  Silbernen Löwen für die Beste Regie und das Beste Drehbuch ausgezeichnet – und kaum in Trophäen zu bemessen: Er galt als Liebling des dortigen Jury-Vorsitzenden Quentin Tarantino. Mehrere Goyas folgten in diesem Jahr, unter anderem für die wunderbare Hauptdarstellerin Carolina Bang, die Alex De La Iglesia selbst als seine Muse bezeichnet. Beide stellen ihr Werk gemeinsam mit Volker Schlöndorff – dem Paten des Films und eine der vielen charmanten Besonderheiten der Kino-Weltreise – vor. Sicher spannend, wie Schlöndorff auf das surreale Werk einstimmen wird, in dem zwei Clowns um eine wunderschöne Frau kämpfen. „Mad Circus“ ist recht eindeutig als Metapher für das Spanien des letzten Jahrhundert zu dechiffrieren, in dem die Fratze des bösen Clowns für niemand anderen als den spanischen Diktator Franco stehen kann.

Wie „Mad Circus“ überzeugten alle Filme des Programms den Festivaldirektor Bernhard Karl auf seinen Reisen zu den großen und wichtigen Filmfesten der Welt, wo er für seine Weltreise und für das Filmfest in München, für das er als Programmer arbeitet, liebevoll kuratiert. Ergebnis ist eine jährliche Auswahl an Filmen, „die nicht in Berlin laufen können„, wie er sagt, weil diese keine Verleiher finden. Karl: „Wir wollen zeigen, dass das aktuelle Weltkino – gerade auch das europäische Kino – weit mehr zu bieten hat, als nur die ´gängigen Namen´. Das Rampenlicht muss auch Künstlern gehören, die mit stilistischem und erzählerischem Mut dem Kino neue Impulse und Lust geben.

Hehre Ziele, die das Festival auch in diesem Jahr wieder erreichen wird. Jeder Film eine Perle und Zierde für die Region, für die er steht. Aus Kanada: „Small Twon Murder Songs“ von Ed Gass-Donnelly mit dem schwedischen „Fargo„-Hauptdarsteller Peter Stormare in der Hauptrolle des geläuterten Polizeichefs, in dessen Mennonietengemeinde eine Frauenleiche für helle Aufregung sorgt. Getrieben von schepperndem Indie-Gospel des Soundtracks folgt der Zuschauer seinen Ermittlungen, die enger mit dessen Vergangenheit verbunden sind, als es dem Cop lieb sein kann.

Äußerst bemerkenswert der Dokumentarfilm „El Sicario, Room 164“ von Gianfranco Rosi, der zwar in Frankreich und Italien produziert wurde, aber für Lateinamerika steht, für Mexiko, um genau zu sein. Filmer Rosi und Autor Charles Bowden treffen im Zimmer 164 eines Motels in der Nähe von Juarez einen bis zur Unkenntlichkeit vermummten Mann. Einen Sicario, wie die Auftragskiller der mexikanischen Mafia heißen. Seine Ausführungen lassen einen schaudern, wenn er „seine Arbeit beschreibt, wie aus einem Kochbuch“ (Karl). Es fällt schwer sich dem Mann zu entziehen, wie er mit Stift und Buch bewaffnet seine Gräueltaten nachstellt und in die kriminellen Strukturen einführt, die – wenn man ihm glauben darf – bis an höchste Stellen reichen. Ein Thriller könnte nicht spannender sein.

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