Rückblick auf filmPOLSKA 2012

Der lange Schatten der Altmeister


Filmszene: "Courage" von Grzegorz Zglinski, Foto: filmPolska

Filmszene: "Courage" von Grzegorz Zglinski, Foto: filmPolska

In Berlin und Potsdam feierte filmPOLSKA, das nach eigenen Angaben erfolgreichste polnische Filmfestival im Ausland, zwischen dem 12. und 18. April seine bereits siebte Ausgabe. Im Blickpunkt dabei: das neue polnische Kino. Obwohl das Nachbarland im Osten mit seinen Filmen längst Stammgast bei den großen internationalen Festivals und sogar den Oscars ist, überstrahlen immer noch die polnischen Großmeister Kieślowski, Wajda und Polanski das Schaffen der neuen, jungen Vertreter.

Der Festivalauftakt mit der Deutschlandpremiere von „Courage“ von Grzegorz Zglinski stand im Zeichen des viel beschäftigten Robert Wieckiewicz. Auf die Frage, ob er, der er in den letzten zwei Jahren in acht Filmen mitgewirkt habe, nicht zu viel arbeite, erwiderte der Star-Schauspieler: „Bäcker backen, Köche kochen und Schauspieler – ja, Schauspieler drehen Filme.“ Zum Glück: In „Courage“ lebt der in seiner Heimat als „Polens Clooney“ gefeierte Wieckiewicz sein Können voll aus. Der Film erzählt von den Brüdern Alfred und Jerzy, die während einer Zugfahrt einen brutalen Übergriff beobachten: Hooligans bedrohen ein Mädchen. Während Jerzy sofort versucht, sie zu verteidigen, zögert Alfred. Er schafft es nicht einzugreifen und muss vor Angst erstarrt mit ansehen, wie die Angreifer seinen Bruder aus dem fahrenden Zug stoßen. „Courage“ erzählt von einem Menschen, dem es im entscheidenden Moment an Zivilcourage fehlt. Und Zglinskis Film berichtet vom Umgang mit Gewalt, von zerfallenen Rollenbildern und vom nicht hinterherkommen in einer sich rasant entwickelnden Welt – ohne Hollywood-Happyend, weder eine Erlösungs-, noch eine Rachegeschichte. Kein Wunder, dass die Rolle Robert Wieckiewicz gereizt hat: „Ich habe dabei ganz interessante Facetten an mir selbst entdecken können“, erklärt er. Ein Film der unter die Haut geht.

Filme wie dieser sorgen für jährlich steigenden Zuspruch und Erfolg von filmPOLSKA.  Das polnische Filmfest scheint per se eine Antwort auf die Leitfrage zu geben, die es anlässlich einer Podiumsdiskussion an sich und seine Besucher am zweiten Tag formulierte: Braucht der deutsche Zuschauer den polnischen Film? Nur dank Filmfestivals wie filmPOLKSA finden teils meisterhafte Werke überhaupt noch den Weg auf die Leinwände. Dem Kriegsdrama „In Darkness – Eine wahre Geschichte“ von Agnieska Holland, die auch beim Klassiker „Hitlerjunge Salomon“ Regie führte, gelang immerhin ein Kinostart im vergangenen Februar. Die Oscar-Nominierung als „Bester Fremdsprachiger Film“ erwies sich hierfür als hilfreich.

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