NATIVe – Berlinale widmet indigenen Filmen eigene Sonderreihe


 "Atanarjuat - The Fast Runner" erzählt eine alte Inuit-Legende über Eifersucht, Hass und Rache und den Kampf dagegen. Foto: Berlinale

"Atanarjuat - The Fast Runner" erzählt eine alte Inuit-Legende über Eifersucht, Hass und Rache und den Kampf dagegen. Foto: Berlinale

„Es war eine lange Reise“, sagt Kuratorin Maryanne Redpath. Und meint damit den Vorlauf, der für die neue Sonderreihe „NATIVe – A Journey into Indigenous Cinema“ nötig war. Jetzt ist das Programm aus zwölf Lang- und zwölf Kurzfilmen komplett. Was genau bedeutet eigentlich „indigen“? Laut Deklaration der UNESCO sind Völker indigen, wenn sie in der Vergangenheit kolonialisiert wurden, ihnen ihre Kultur genommen wurde, sie eine starke Verbindung zu Natur und Landschaft und keine Macht in ihrem Land haben. Redpath, die seit vielen Jahren regelmäßig nach Australien und Neuseeland reist, um Filme zu sichten und Kontakte zu knüpfen, hat schon lange ein Auge auf die besondere Erzählkunst indigener Filmemacher geworfen. „Die Maori haben ein starkes Netzwerk,“ beschreibt sie ihre ersten Kontakte zu indigenen Filmemachern. Bei der Auswahl der Filme für die Berlinale hat sie sich von Experten der indigenen Filmkultur beraten lassen, erzählt Redpath. Herausgekommen ist ein beeindruckendes Programm, das den Fokus in diesem Jahr auf Australien, Neuseeland, Kanada und die USA legt.

Der australische Filmemacher Warwick Thornton ist gleich mit vier Produktionen (drei Kurzfilmen sowie einem Langfilm) in der Sonderreihe vertreten. Sein Spielfilmdebut „Samson & Delilah„, bei dem vor und hinter der Kamera nur Aborigines gearbeitet haben, wurde bereits 2009 in Cannes ausgezeichnet und in Australien mit Preisen überhäuft. Die atmosphärisch dichte Erzählung über ein junges Aborigines-Paar, das verzweifelt nach einem besseren Leben sucht und dabei fast umkommt, ist einer der Höhepunkte der spannenden Sonderreihe, die das Publikum ausdrücklich zur Diskussion mit den geladenen Experten und Filmschaffenden einlädt. Bei den ganz unterschiedlichen Geschichten ist das verbindende Element eine einzigartige Bildsprache und die besondere Nähe zu den Protagonisten. So bleibt die Geschichte von Humble Saili im Kopf, der als Ausgestoßener am Rande eines Dorfes in Samoa lebt, und um Harmonie und Respekt kämpft. Ganz nebenbei ist Tusi Tamaseses Regiedebut “ O Le Tufalale – The Orator“ eine Liebeserklärung an Samoa und der erste Film überhaupt über den Inselstaat.

Der Eröffnungsfilm „Atanarjuat – The Fast Runner“ erzählt eine alte Inuit-Legende über Eifersucht, Hass und Rache und den Kampf dagegen, der in diesem Fall durch einen spektakulären, splitternackten Sprint über das arktische Eis dargestellt wird. Die Geschichte wurde von Generation von Generation von den Ältesten der Inuit mündlich überliefert. Der Film will diese uralte Inuit-Tradition des Geschichtenerzählens wieder aufleben lassen. „Es ist eine lange Reise“, korrigiert sich Redpath, „da gibt es keinen Anfang, keine Mitte, kein Ende.“ Es steckt so viel Kraft und Potential in den Filmen indigener Filmemacher, dass „NATIVe“ nicht wie ursprünglich geplant ein einmaliges Spezial bleibt, sondern einen festen Platz im Programm der Berlinale bekommen wird. Eine Plattform für indigenes Kino  – fantastisch.

Verena Manhart

Alles zur Sonderreihe „NATIVe – A Journey into Indigenous Cinema“ auf www.berlinale.de

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