Zurückgespult #6: Stell Dir vor, es ist Filmfestival und keiner geht hin

Der Kinositz im eigenen Heim


Cosima M. Grohmann ist freie Journalistin und lebt in Berlin. Als Regie- und Produktionsassistentin hat sie bei diversen Filmproduktionen mitgewirkt, am Ende sogar einen eigenen Dokumentarfilm gedreht. Als Kritikerin aus der Ferne fühlt sie sich dem Kino näher, sie schreibt u.a. für fluter, die Berliner Zeitung und die Deutsche Presse Agentur.

Cosima M. Grohmann ist freie Journalistin und lebt in Berlin. Als Regie- und Produktionsassistentin hat sie bei diversen Filmproduktionen mitgewirkt, am Ende sogar einen eigenen Dokumentarfilm gedreht. Als Kritikerin aus der Ferne fühlt sie sich dem Kino näher, sie schreibt u.a. für fluter, die Berliner Zeitung und die Deutsche Presse Agentur.

Immer mehr Festivals setzen auf Video-on-Demand. Mit verschiedenen Konzepten öffnen sich einige der Festivals einem größerem Publikum, andere schließen Exklusivverträge mit Videoportalen. Was bedeutet das für junge Filmemacher?

Es ist abends, die Chips stehen bereit, die Jogginghose ist angezogen und der Zuschauer auf der heimischen Couch schaltet den Fernseher beziehungsweise den Computer an, um sich genüsslich die Weltpremiere des neuen Clooney-Films anzuschauen. Vielleicht mag dieses Szenario etwas überspitzt daher kommen, aber so ähnlich dürfte es den Zuschauern auf einem der diesjährigen „Video-on-Demand-Plätze“ gegangen sein, die von einige internationalen Filmfestivals eingerichtet wurden. Robert Redfords Sundance Filmfestival bietet das VOD-Angebot schon seit zwei Jahren an: Unter dem Filmlabel „!Sundance Selects“ strahlten die Produzenten in diesem Januar fünf Filme zeitgleich zur Weltpremiere des Festivals aus – profitieren taten davon circa 40 Millionen Haushalte in den USA mit Kabelanschlüssen wie etwa Bright House, Comcast, Cablevision, Cox, and Time Warner Cable. 30 Tage hatten die Zuschauer Zeit, sich die Filme anzuschauen. 30 Tage Filme schauen, die man ansonsten erst viele Monate später im Kino sehen würde – vorausgesetzt sie finden einen Verleih. „Das Sundance Institute“ – zu denen „Sundance Selects“ gehört – „sehe es als seine persönliche Aufgabe an, den Filmemachern ein breites Publikum zu geben“, so John Cooper, Direktor des Festivals. Ähnlich freigiebig und offensichtlich so ganz ohne kommerzielle Hintergedanken verfährt das Filmfestival Tribeca in New York: Hier stellt man ausgewählte Filme des Tribeca Online Festivals gleich 50 Millionen Zuschauern aus den USA und Kanada zur Verfügung, neben Kabelsendern kommen noch Internet-Anbieter wie etwa iTunes, Amazon Watch Instantly, Xbox, Google Play and YouTube hinzu.

Video-on-Demand – in Deutschland verbindet man damit das eher zweit- und drittrangige Angebot von Lovefilms, Maxdome, Watchever und Co., die zwar in letzter Zeit durch Werbung mit prominenten Testemonials (Til Schweiger für Watchever) etwas stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt sind, beim näheren Hinsehen aber immer noch keine echte Alternative zum brandaktuellen Streaming auf den einschlägigen Internetseiten darstellen. Nahe liegt da die Vermutung, die zum VOD freigegebenen Filme der Festivals seien auch eher diejenigen, die in Nebensektionen und Kurzfilmreihen auftauchen. Aber weit gefehlt: In New York gehörten Filme mit prominentem Cast wie etwa Julianne Moore oder Christopher Abbott zum Angebot, in Sundance stellte man ebenfalls eine breite Auswahl aus allen Sektionen zur Verfügung. Mit einer ganz gezielten Presse-Offensive gingen Adam Brody und Kristen Bell auf dem Internationalen Filmfestival in Toronto dieses Jahr ins Rennen: Ihrem gemeinsamen Film „Some Girl(s)“ folgten alle 146 Weltpremieren des Festivals in das VOD-Programm. Allerdings entschied man sich in Kanada nicht für die Ausstrahlung über Kabel-VOD: Vielmehr bekam der Online-Videoportal Vimeo die Exklusivrechte für 30 Tage. Im Gegenzug zahlte das Portal jedem Filmemacher im Voraus 10.000 Dollar für die Bereitstellung seines Videos. Ein geschickter Schachzug des Dienstes, der seit seinem Relaunch im September 2012 auch die Möglichkeit des Pay-for-Download anbietet. Denn nach den 30 Tagen bleiben die Filme selbstverständlich auf der Plattform stehen. Die Filmemacher können nun selbst entscheiden, wie viel ihnen der Download ihres Films wert ist und von wo aus auf den Film zugegriffen werden kann, Vimeo behält lediglich 10 Prozent der Einnahmen ein.

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