10. Filmfest Eberswalde – Die Provinziale

Provinz im Licht und Schatten erkennen



Schon der Eröffnungsfilm „MansFeld“ sollte die Latte für die Konkurrenz recht hoch ansetzen. Mit diesem bleibt sich Regisseur Mario Schneider und seiner Heimat treu. Bereits zum dritten Mal widmet er einen Dokumentarfilm seiner Heimatregion, dem Mansfelder Land, das seit Schließung der dortigen Bergwerke noch keinen wirklichen Plan B für die eigene Zukunft entwickelt hat. Schneider bringt uns sein „MansFeld“ mit Hilfe des hiesigen Nachwuchses näher: Die Grundschüler Tom, Sebastian und Paul sind auserkoren an Pfingsten mit Hilfe von Peitschenhieben den Winter zu vertreiben. Dieser Brauch dient Schneider als Büchsenöffner. Er nähert sich den drei unterschiedlichen Familien der Kids und entwirft eine Skizze der Befindlichkeit dieses fast vergessenen Fleckchens im Südharz. Die Deutsche Film- und Medienbewertung verlieh der Doku das Prädikat besonders wertvoll.

Sicher spannend zu sehen, wie sich Schneiders „MansFeld“ zu anderen Beiträgen im Wettbewerb verhält. Gerade „Conversations In Milton Keynes“ („Gespräche in Milton Keynes„) vom belgischen Regisseur Ingo Baltes eröffnet einen vollkommen anderen Blick. Das britische Utopia der Provinz sollte die zündende Idee für eine güldene Zukunft sein und entpuppt sich mehr oder minder als Missgeschick. Und das obwohl „MK“, das im Nordwesten Londons die überfüllte Hauptstadt entlasten sollte, mittlerweile nahezu die anvisierten 250.000 Einwohner erreicht hat. Mit einem Biertrinker, einem Einkaufswagensammler und einem Architekten hat Regisseur Baltes gesprochen und die drei so zu Experten erhoben, die in jedem Fall für einen vielschichtigen Blick sorgen sollten.

Traditionell recht zahlreich im Eberswalder Wettbewerb sind die Alpenländer vertreten. Aus der Schweiz kommen in diesem Jahr die Werke „Mein erster Berg„, mit dem der Regisseur Erich Langjahr zu „seinem“ ersten dokumentarisch beackerten Berg, dem Rigi, zurückkehrt und „Life In Paradise – Illegale in der Nachbarschaft“ (Regie: Roman Vital), das sich der Asylpolitik der Alpenrepublik widmet. Auch da bietet sich ein Quervergleich an, da aus Österreich „Mama Illegal“ von Regisseur Ed Moschitz ins Rennen geht, der anhand moldawischer Frauen, die für ihre Familien Zuhause das Geld als Putzhilfen und Pflegerinnen verdienen, fragt, wie nah sich Europa tatsächlich ist.

Auch das zehnte Filmfest zu Eberswalde wird reichlich Antworten formulieren und doch auch Fragen offen lassen. Die Provinz und ihre Vermessung ist längst nicht abgeschlossen.

Denis Demmerle

Für unser Radio-Kinomagazin CINERAMA hat Moderatorin Cindy Böhme Kenneth Anders, den Festivalleiter der Provinziale interviewt. Hört selbst!

Interview: Cindy Böhme
Produktion: Paul Garolea

Filmfest Eberswalde von 5. bis 12. Oktober 2013 im Paul-Wunderlich-Haus (Am Marktplatz) in Eberswalde.

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