interfilm 2013: Kurzfilm als Event

Momentaufnahmen


Events als das Salz in der Kurzfilmsuppe! Bei "Eject - Der langen Nacht des abwegigen Films" amüsiert sich das Publikum mit turmspringenden Giraffen. (c) interfilm

Events als das Salz in der Kurzfilmsuppe! Bei "Eject - Der langen Nacht des abwegigen Films" amüsiert sich das Publikum mit turmspringenden Giraffen. (c) interfilm

Das Foyer, in dem sich die Gäste um den Getränke- und den Süßigkeitenautomat drängeln, versprüht des Charme eines Hallenbades der 80er Jahre. Als der Kassierer die nahe der Kasse Wartenden resolut auffordert, die Sicht von seinem Schreibtisch auf die beiden Türen im Eingangsbereich freizugeben, verdichten sich die vorher diffusen Erinnerungen an längst vergessen geglaubte Szenarien wie diese: Schul-Wandertag – und zwar nicht ins Hallenbad, sondern ins Planetarium, das am Insulaner in Berlins Süden. So machen auch die Schautafeln zur Astrophysik und die unzähligen Globusse Sinn. Unter der Kuppel des Vorführraums angekommen, den bequemen Sessel in die Horizontale gekippt und kurz vorm Nickerchen erinnern einen die anderen Gäste, dass es heute nicht um planetare Konstellationen, sondern um nichts weniger, als eine Vision des Kinos der Zukunft geht. Das Berliner Kurzfilmfestival interfilm hat das FullDome-Festival aus Jena eingeladen und zeigt auf der Kuppel, die sonst für das Sternenzelt reserviert ist, internationale Kurzfilme in 360° Projektion.

Das Erlebnis fasziniert, fordert es doch ganz anders, ganz neu heraus. Statt den Blick starr auf die zwei- oder neuerdings auch häufig dreidimensionale Filmprojektion zu richten, spielt sich das Kurzfilmgeschehen bei diesen 360°-Projektionen vor, hinter und seitlich des Betrachters ab. Ein peripheres Sehen verlangt den Zuschauern ein neues Spektrum ab, was erst ab dem Punkt nicht (mehr) anstrengend ist, an dem einem klar wird, dass die Natur Grenzen setzt und es schlicht vollkommen unmöglich ist, alles zu sehen. Das Beste an dieser per se schlechten Nachricht: Es ist auch nicht nötig. Das verdeutlicht die Dystopie „Habitat I“ von Sönke Hahn und Katarina Sengstaken. Der Kurzfilm der beiden Studenten der Bauhaus Universität in Weimar überfordert durch eine nicht zu überblickende Gleichzeitigkeit und erzählt dennoch die Geschichte von Karsten, der versucht sich in einer aus den Fugen geratenen Welt zurecht zu finden. Dass viele der gezeigten Werke, die enorme Anforderungen an ans Produktionsmaterial stellen, da mit der Kuppel ein mehrere tausend Monitore große Leinwand bespielt wird, noch eher wie Fingerübungen daherkommen, mindert das verführerische Potential nicht. Im Gegenteil: interfilm wagt einen Blick nach vorne, in eine Zukunft des Kinos.

Berlins zweitgrößtes Filmfest hat sich qua Profil auf den Kurzfilm festgelegt, der „als kommerzielles Produkt ein Nischenprodukt ist„, wie interfilm-Geschäftsführer Alexander Stein weiß. Um seine Kurzfilme zu ihrem Publikum zu bringen, hat interfilm Eventformate entwickelt, die funktionieren, wie die neue Rekordbesucherzahl von 19.000 beweist. Bereits die Eröffnung, die für jedes Filmfest die Richtung vorgibt und die Besucher mit positivem Vibe auf das Kommende einschwören soll, fällt positiv aus dem Rahmen.

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