Interview mit Linda Söffker, Leiterin der Berlinale-Sektion Perspektive Deutsches Kino

Söffker: Wir kümmern uns um die, die es schwerer haben


"Im Sommer wohnt er unten" von Tom Sommerlatte eröffnet 2015 die Perspektive Deutsches Kino. Hier die Schauspieler Sebastian Fräsdorf, Alice Pehlivanyan, Godehard Giese und Karin Hanczewski. © Samuel Arnaud

„Im Sommer wohnt er unten“ von Tom Sommerlatte eröffnet 2015 die
Perspektive Deutsches Kino. Hier die Schauspieler Sebastian Fräsdorf, Alice Pehlivanyan, Godehard Giese und Karin Hanczewski. © Samuel Arnaud

Worauf dürfen sich die Zuschauer bei der deutsch-französischen Koproduktion „Im Sommer wohnt er unten“ von Schauspieler und Regisseur Tom Sommerlatte freuen?
Der Film kommt von Tom Sommerlatte, jemandem, der als Schauspieler ausgebildet ist Er hatte schon einmal einen Kurzfilm in Saarbrücken, aber das ist sein Langfilm-Debüt. Durch seine Ausbildung hat er große Lust an schauspielerischer Inszenierung. Es ist eine Vierer-Konstellation, zwei Brüder mit ihren Frauen, Schauplatz ist ein Haus in Frankreich am Atlantik. Also eine dialoglastige Situation mit französischer Anmutung. Man merkt dem Film an, dass der Regisseur französische Filme liebt. Das ist ein Blick, den ich aus dem deutschen Nachwuchskino so nicht kenne.

Weiterfeiern: Die besten Partys der Berlinale 2015.

Wie verhält es sich mit dem Abschlussfilm einer Sektion?
In diesem Jahr beginnen wir mit einem Spielfilm und beenden das Programm mit „Sprache:Sex„, einem Dokumentarfilm. Die beiden Filmemacher Saskia Walker und Ralf Hechelmann sind nicht die typischen Nachwuchsregisseure, die von der Hochschule kommen. Sie sind beide nicht mehr ganz so jung. Sie haben einen interessanten Film über Sexualität gemacht, der seine Protagonisten zur Sexualität befragt und deren Antworten kombiniert. Daraus ergibt sich beim Sehen eine große Geschichte über Sexualität und Intimitätmit einem beinah philosophischen Überbau.

Den Diskurs bereichern

Wie beurteilen Sie die neue Woche der Kritik, die am Rande der Berlinale stattfindet?
Die ist kein Bestandteil der Berlinale, sondern hat sich parallel zum Festival durch den Verband der Filmkritik gegründet, wie bei den anderen Festivals in Cannes oder Venedig auch. Dort werden die Wochen als Teil des Festivals wahrgenommen, auch wenn sie selbst organisiert sind und sicher auch als Abgrenzung gegründet wurden. Ich finde interessant, was die machen. Für den Verband ist es wichtig, das Ganze in einen Diskurs einzubinden. Wenn du jeden Tag nur einen Film zeigst, der schon irgendwo mal erfolgreich war und das unter ein bestimmtes Motto stellst, ist das eine andere Art des Kuratierens. Im besten Fall wird es den Diskurs über Film während der Berlinale bereichern. Das ist willkommen!

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Im Sektions-Profil beschreibt sich die Sektion Perspektive Deutsches Kino wie folgt: Die Sektion gibt einen Ausblick auf das zukünftige Profil des deutschen Kinos. Von daher: Wie dürfen wir uns den deutschen Film 2020 oder 2030 vorstellen?
Würde hier jemand anderes sitzen, sähe die Zukunft des deutschen Films womöglich anders aus. Ich hoffe natürlich an der Zukunft des deutschen Films mit zu wirken. Meine Hoffnung ist, die Aufmerksamkeit auf interessante Filme zu lenken, die das bisherige momentane Kino bereichern und verändern Ich will nicht von Erziehung, aber von Sichtweisen sprechen, mit der ich die Zukunft des deutschen Films beeinflussen möchte.

Haben Sie einen Gestaltungswillen?
Auf jeden Fall. Sonst würde ich das nicht machen. Kein Kurator sollte eine Filmreihe auf einem der wichtigsten Filmfestivals der Welt gestalten ohne Gestaltungswillen. Das wäre absolut paradox.

Die Fragen stellte Denis Demmerle für Berliner Filmfestivals.

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