Living Archive des Arsenal Berlin im Silent Green Kulturquartier

Ein lebendiges Archiv im ehemaligen Weddinger Krematorium


Das Arsenal-Filmarchiv im Silent Green Kulturquartier © Henning Koch


Wozu braucht man in Zeiten von digitalen Filmvorführungen und der Digitalisierung von Filmklassikern überhaupt noch analoge Filmarchive? Das Living Archive des Arsenal Berlin im Silent Green Kulturquartier beschäftigt sich genau mit dieser Fragestellung. Das Untergeschoss des ehemaligen Krematoriums im Wedding beheimatet seit April 2016 zehntausende Filmrollen im 8-, 16- und 35mm Format. Die mittlerweile rund 10.000 Werke umfassende Sammlung kann auf eine lange Geschichte zurückblicken.

Diese beginnt in den 1960er Jahren eher zufällig mit „Come Back, Africa“ (1958), Lionel Rogosins politisch aufgeladener filmischer Verhandlung des südafrikanischen Apartheits-Regimes. Ein Mitarbeiter des Regisseurs reiste damals mit einer Kopie nach Europa und suchte dort zunächst erfolglos einen Verleih. Er lagerte die 17 Kilogramm schweren Filmrollen beim Arsenal, wo sie vorerst in Erika Gregors Privatwohnung einen Platz fanden. Von dort gelangte der Film unter anderem auf den Spielplan der „Freunde der deutschen Kinemathek“. Über die Jahre kamen weitere Filme, unter anderem aus Kuba, Chile, Argentinien, den USA und Großbritannien hinzu, die in verschiedenen Kellern aufbewahrt wurden.

Das Filmarchiv expandierte mit den Schwerpunkten des Welt- und Avantgarde-Kinos und bezog schließlich Lagerräume in Spandau sowie im Arsenal Kino am Potsdamer Platz. Dabei verfolgt es jedoch keinen konkreten Sammlungsauftrag. Vielmehr wird eine praktische Vorführung und Sichtbarmachung der Filmrollen anstelle der passiven Langzeitaufbewahrung angestrebt. Neben einem internationalen Filmverleih werden dafür Sichtungsplätze zur Verfügung gestellt, über die Filmemacher, Studenten und Wissenschaftler auf die Bilder zugreifen können. Dieses Angebot wurde zu Beginn von einigen Skeptikern durchaus kritisch betrachtet, wie Stefanie Schulte Strathaus als Co-Leiterin des Arsenals berichtet. Es gab Befürchtungen, die Kopien könnten durch Sichtungen Schaden nehmen. Diese Annahmen haben sich in der Praxis jedoch in keiner Weise bewahrheitet.

Das Silent Green Kulturquartier in Berlin-Wedding © Henning Koch

Mit dem Umzug ins Silent Green Kulturquartier steht die Präsentation des Living Archive als lebendige und öffentlich zugängliche Sammlung im Vordergrund. Denn die Bedeutung der insgesamt rund 60.000 Kilo Filmmaterial lässt sich erst durch eine Zugänglichkeit für die Gegenwart erschließen. So schlummern in den Regalen des Archivs weiterhin zahlreiche filmische Schätze, die auf ihre Entdeckung warten.

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