Film:ReStored_03: Fernsehen als attraktive Option und existenzielle Notwendigkeit


Terence Davies‘ „Distant Voices, Still Lives“ (1988) erzählt eine Geschichte aus der Arbeiterklasse – und ist ein Musterbeispiel für eine 4K-Restaurierung. Foto: SDK

Wie Kieron Webb, Film Conservation Manager beim BFI, in seinem Vortrag darstellte, vereint das National Archive die Aufbewahrung, Restaurierung und den Vertrieb des gesammelten Filmerbes unter einem Dach. In einem der größten Filmarchive der Welt werden dort rund 60.000 Spielfilme, 120.000 Sachfilme und 750.000 Fernsehsendungen auf einer Vielzahl von Medien unter den bestmöglichen Bedingungen gelagert. Als illustratives Beispiel präsentierte Webb eine aufwändige 4K-Restaurierung von Terence Davies‘ „Distant Voices, Still Lives“ (1988). Der Film erzählt eine Geschichte aus der Arbeiterklasse, die stilistisch jedoch weit von dem rauen sozialen Realismus der britischen „Kitchen Sink“-Dramen entfernt ist. In hochgradig stilisierten Einstellungen, in denen jede Kamerabewegung und jede Bewegung der Schauspieler minutiös geplant ist, wird das Schicksal einer Familie um den Tod des gewalttätigen Vaters (Pete Postlethwaite) geschildert. Die Bilder sind in Sepia-Töne getaucht, während gemächliche Kamerafahrten und ausladende Gesangspassagen zentrale Rollen einnehmen.

Mit der großen Anzahl unterschiedlicher Thematiken, unter denen die vielseitigen Filmbeispiele beim Film:ReStored_03 diskutiert wurden, mangelte es dem Festival stellenweise an einem genauen Fokus. So stellte sich die Frage, was ein so populärer und weit verbreiteter Film wie „Alles auf Zucker“ (2004) bei einem Filmerbe-Festival zu suchen hat, dessen vorrangiges Ziel die Bewahrung, Wiederentdeckung und Sichtbarmachung der Filmkunst in den Archiven ist. Ebenso deplaziert wirkte die naive Kino-Komödie „Endstation Liebe“ (1958), die keinen nachvollziehbaren Bezug zum Fernsehkontext offenbarte. Vor allem letztere wirkt aus heutiger Sicht mit ihrer oberflächlichen Teenie-Rebellion, die sich letztendlich auf die erzkonservativen Werte der Eltern zurückbesinnt, alles andere als zeitgemäß. Zumindest aber konnte dieses Werk anschaulich verdeutlichen, gegen welche Gesellschaftsordnung der Neue Deutsche Film in den 60er und 70er Jahren mit seinem Motto „Papas Kino ist tot“ rebelliert hat.

1 2 3