Das Animationsprogramm der 16. Provinziale

16. Provinziale: Raumerkundungen


Regisseur Cornelius Koch überzeugt in seinem „Tod eines Filmemachers“ mit feiner Selbstironie. Foto: Cornelius Koch

Der Raum nach den Menschen. Im „Internationalen Wettbewerb Animation“ der 16. Provinziale (12. bis 19. Oktober 2019) dominierten die Räume und Zeiten, in denen der Mensch höchstens noch als sentimentale Erinnerung eine Funktion hat, quasi ausgestorben ist. Zwar war der (regionale) Raum kein Selektionskriterium für das Auswahlkomitee – ist es nie für die Animation in Eberswalde, einzig das Kriterium der Relevanz überhaupt ist hier gültig – doch er blieb oder bleibt beim Schauen einiger Animationsfilme präsent, schließlich schaute man sie nicht allein, sondern in Blöcken mit den räumlich sehr wohl spezifischen Dokumentar- und Spielfilmen.

Der Raum nach dem Anthropozän also. In „The Bolt Connection“ (von Studierenden der Supinfocom Rubika) verschaffen sich Roboter einen Endorphin- und Adrenalinkick durch die Herzen, die sie Menschen (?) aus den Leibern reißen und wie schlecht produzierte Batterien immer schneller auswechseln, wegwerfen müssen. Der Raum durch den sich die, wie durch eine Sucht getriebene, Roboter bewegen ist hier meist industriell, hallig, ohne Lebensödem.
Ebenso traurig und verloren ist der Bordroboter in Gökalp Gönens 3D-Raumschiff-Animation „Avarya„, der den einzigen überlebenden Menschen als Passagier durch den Weltraum chauffiert, auf der unmöglich scheinenden Suche nach einem Planeten als Alternative zur nicht mehr bewohnbaren Erde. Hier ist der Weltraum nicht mehr länger Sehnsuchtsort, sondern steril-hoffnungsloses Exil.
In „Les Éléphants Seront Content“ (abermals Studierende der Supinfocom Rubika) malt ein Roboter ein lustvoll-bunte Evolutionspyramide in einer Welt ganz ohne Menschen, die er schlussendlich – als beste und schlechteste Erfindung des Menschen – wortwörtlich in die Luft sprengt, als sein Akku leer gelaufen ist. Ob es wollte oder nicht, mit diesen drei dystopischen Roboter-Stoffen, in denen die Technik immer das Ruder übernimmt, wenn das Mensch alles zugrunde gerichtet hat, hatte das Komitee also definitiv auch Filme über Räume ausgewählt, Räume, die zwar erfunden zukünftig sind, aber einem im Grunde vertraut scheinen in einer normal gewordenen apokalyptischen Rhetorik einer Extinction Rebellion.

In Cornelius Koch „Der Tod des Filmemachers“ ist der Raum hingegen die Imagination des Filmschaffenden selbst. Ein Bösewicht erwacht im Atelier, findet den Filmemacher tot vor und versucht dann, dem für ihn im Narrativ vorgesehenen Plot und seiner eigenen Böswilligkeit zu entfliehen. „Der Tod des Filmemachers“ ist eine ambitionierte, fast als One-Man-Show umgesetzte Stop-Motion. Eine Hommage an Action-Filme und an seine ureigenste Herstellungsform zugleich, im völligen Bewusstsein, dass die Übertreibungen im Drehbuch und die Imperfektion in den Bewegungsabläufen sichtbar sind, vielleicht sogar für den einen oder anderen trashig wirken. Doch gerade diese völlig bewusste Transparenz der eigenen Tätigkeit macht „Der Tod des Filmemachers“ so besonders, so intim, so voller Herzblut. Und macht ihn so selbstironisch, wie es zum Beispiel den in die Zukunft blickenden Beiträgen des Wettbewerbs gut getan hätte.

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