Interview zum Weihnachtsfilmfestival 2019 an die Festivalmacher Teresa Vena und André Kirchner

4. Weihnachtsfilmfestival: "Filme, die funktionieren wie ein Weihnachtsgeschenk"


Die Festivalmacher Teresa Vena und André Kirchner sind verantwortlich für das Weihnachtsfilmfestival 2019. Foto: Anke Duensing


Von 19. bis 22. Dezember steigt das mittlerweile 4. Weihnachtsfilmfestival im Kino Moviemento. Wir konnten Teresa Vena und André Kirchner einige Fragen stellen und erfahren im Interview, welche Werke zum Klassiker taugen, was ein guter Weihnachtsfilm braucht und welche Rolle Bräuche spielen….

Weihnachten ohne Weihnachtsfilmfestival… das kann sich eigentlich kein Berliner mehr vorstellen. Trotzdem: Wieso sollten eure Besucher die Zeit lieber im Weihnachtskino als auf dem Weihnachtsmarkt verbringen?
André Kirchner:
Wir haben ein abwechslungsreiches Programm an Spiel- und Kurzfilmen zusammengestellt, das garantiert so nicht im Fernsehen ausgestrahlt wird. Das 4. Weihnachtsfilmfestival – Internationales Festival der unkonventionellen Weihnachtsfilme widmet sich diesmal dem Fokus ‚Menschlichkeit‘. Was zeichnet uns aus? Was macht den Menschen zum Mensch? 5 Spielfilme und 55 Kurzfilme aus über 20 Ländern kreisen um Mut, Widerstand, Angst, Vorurteile, Empathie, Hilfsbereitschaft, Selbstreflexion, Einsamkeit, Zusammenleben und dem Erinnern – natürlich immer mit Bezug zu Weihnachten. Wir erwarten Filmschaffende aus Russland, Rumänien, England, Irland, Iran, Frankreich und Deutschland und freuen uns auf spannende Gespräche nach den Programmen. Das Moviemento Kino bietet den idealen Ort, um dem ganzen Weihnachtstrubel zu entfliehen: Sich einfach nicht durch die Menschenmassen auf den Weihnachtsmärkten quetschen, sondern gemütlich im Kinosessel zurücklehnen und die wohl außergewöhnlichsten Weihnachtsfilme des Jahres genießen.
Teresa Vena: Ich kann mir keine angenehmere Weise vorstellen, Weihnachten zu feiern, als im Kino und mit guten Filmen. Bei uns kommt garantiert friedliche Stimmung auf, abseits des obligaten Familienstresses. Dieses Jahr findet das Festival ein paar Tage vor dem Fest statt, so dass noch alle Energie und gute Laune tanken können, bevor sie sich vielleicht doch den familiären Verpflichtungen stellen.

Wie spiegeln sich unterschiedliche Bräuche im Programm?
Kirchner:
In unserem Eröffnungsfilm „Eia jõulud Tondikakul“ („Phantom Owl Forest„) von Anu Aun begeben wir uns in die idyllischen Wälder Südestlands. In den Holzhütten gibt es noch echte Kerzen am Weihnachtsbaum. Und ein Mädchen aus der Stadt muss den Wald vor seiner Abholzung bewahren. Dieser Mix aus Familien- und Abenteuerfilm sowie Landschafts- und Tierdokumentation erinnert an die Norddeutsche ‚Lüttenweihnacht‘ – ein Weihnachten für die Tiere im Wald.
Wesentlich rauer geht es in unserem Dokumentarfilm „Winter und harter Winter“ (Johannes Kürschner, Paul Stephani) zu. Schnörkellos und unkommentiert blicken wir auf althergebrachte deutsche Sitten und Bräuche der erzgebirgischen Kleinstadt Olbernhau zur Vorweihnachtszeit. Zwischen Nussknackern, Räuchermännchen, Volksmusik und Hausschlachtung fließt jede Menge Bier.
Vena: Dieses Kennenlernen von verschiedenen Bräuchen bereichert für mich die Arbeit am Festival. Die Filme kommen aus fast allen Erdteilen und vermitteln zwangsläufig Traditionen zum Fest des jeweiligen Landes. Vielfach muss man gar nicht so weit in die Ferne schauen, um Neues zu erfahren. Unser Filmklassiker von 1982 aus Frankreich „Da graust sich ja der Weihnachtsmann…“ (OT: „Le père Noël est une ordure„, engl. Titel „Santa Claus is a Stinker„) von Jean-Marie Poiré beispielsweise kreist unter anderem um das Thema Essen. Wie bei uns, kommt man an Heiligabend im größeren Kreis für ein Festmahl zusammen, auf einer französischen Weihnachtstafel dürfen Austern nicht fehlen – und die bekommt man zur Not auch im Bistro um die Ecke und im letzten Augenblick.

Gibt es ein Land oder eine Region, die sich besonders als Weihnachtsfilmproduzent hervortut?
Kirchner:
Dieses Jahr haben wir erfreulicherweise viele gute Beiträge aus Deutschland, vor allem bei den Kurzfilmen: In „Mona“ (Jannik Geisler) hat ein Sohn damit zu kämpfen, dass sein Vater seine Transsexualität auslebt. „We will survive“ (Nele Dehnenkamp) portraitiert auf herzliche Weise wie Senior*innen jeder sexuellen Orientierung im Julie-Roger-Haus mehr als nur ein neues Zuhause finden. Sympathien mit der AFD beim Weihnachtsessen werden in „Widerstand“ (Benjamin Hujawa) durch extreme Maßnahmen unterbunden.
Aber auch aus dem osteuropäischen Raum stechen einige Beiträge besonders hervor. Bildgewaltig zeigt sich im polnischen Beitrag „Madness“ (Jakub Drobczynski) wie ein Jugendlicher allmählich seinen Verstand verliert und an der Echtheit seiner Familie zweifelt. Im jüngst zum besten europäischen Kurzfilm gekürten Werk „Cadoul de Craciun“ („The Christmas Gift„) von Bogdan Muresanu hat ein Wunschzettel eines kleinen Jungen fatale Folgen.

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