Interview zum Weihnachtsfilmfestival 2019 an die Festivalmacher Teresa Vena und André Kirchner

4. Weihnachtsfilmfestival: "Filme, die funktionieren wie ein Weihnachtsgeschenk"



Was darf in deinem perfekten Weihnachtsfilm nicht fehlen?
Vena:
Für mich muss es immer eine Portion Humor oder Ironie geben. Das ganze Fest, sein Ursprung, die Rituale, alles, ist dermaßen konstruiert und mit den Jahrhunderten gewachsen, dass für mich eine kritische Distanz unbedingt dazugehört, wenn man sich künstlerisch damit auseinandersetzt. Wenn es aber passt, habe ich aber auch nichts dagegen im richtigen Moment, die eine oder andere Träne der Rührung zu spüren.
Kirchner: Das Überraschungsmoment. Für mich gibt es nichts Langweiligeres als romantische Weihnachtskomödien, die nach Schema F ablaufen. Also hübsche, junge Frau aus einfachen Verhältnissen trifft auf ihren reichen Traumprinzen und in einem magischen Moment verlieben sich die beiden und alle Sorgen sind davon. Ich mag Filme, die funktionieren wie ein Weihnachtsgeschenk: Noch vor dem Öffnen muss Vorfreude entstehen und der Inhalt sollte überraschen und möglichst lange Freude bereiten. Wie viel Schnee fällt oder wie hell der Baum strahlt oder ob es ein Happy End gibt, spielt dabei keine Rolle.

Gibt es für dich einen All-Time-Klassiker?
Kirchner:
Home Alone“ (Chris Columbus) ganz klar. Ein Kind, das alleine auf so einfallsreiche Weise sein Haus vor Dieben beschützt, ist für einen Weihnachtsfilm ziemlich unkonventionell. Das Verhältnis Deko-Kitsch und Spannung ist hervorragend ausgewogen. Hinzu kommt natürlich der nostalgische Moment als Film der Kindheit. In 20 Jahren ist „Frozen“ (Chris Buck, Jennifer Lee) vielleicht Weihnachtskult der aktuellen Generation. Aber ich hoffe nicht.
Vena: Einer meiner Klassiker ist „Wir sind keine Engel“ (OT: „We’re No Angels„) von Michael Curtiz von 1955, in dem drei Taugenichtse, gespielt unter anderem von Humphrey Bogart und Peter Ustinov, auf Raubzug sind. Als sie merken, wie nett die Familie ist, die sie bestehlen wollen, sehen sie davon ab. Im Gegenteil helfen sie ihr auch noch sich gegen andere Betrüger zu behaupten. Aus Deutschland stammt die absurde Komödie „Wir sagen du Schatz“ von Marc Meyer (2007) mit einem herausragenden Samuel Finzi, der sich kurzerhand an Weihnachten eine ganze Familie stiehlt. Er schließt alle in ein verlassenes Hochhaus ein und zwingt, die verschiedenen „neuen“ Mitglieder mit ihm Weihnachten zu feiern. Ein unterschätzter Film mit einem schwarzen Humor und einer teils unterschwelligen, teils offenen Kritik an dem Mythos, dass an Weihnachten jeder nur auf eine heile Familie zurückgreifen kann!

Welcher Film aus dem aktuellen Programm könnte ein Klassiker werden?
Kirchner:
Ich denke „Eia jõulud Tondikakul“ („Phantom Owl Forest„) hätte das Zeug zum Klassiker in Estland, aber weniger weltweit. Es ist ein sehr heimatverbundener Film, der zeitlos sowie liebevoll erzählt wird und ein Thema behandelt, das immer Relevanz haben wird: den Schutz der Natur.
Wir freuen uns sehr, eher Filme im Programm zu haben, die sonst unter dem Radar verschwinden würden. Zum Beispiel ist „Wintergast“ (Andy Herzog, Matthias Günter) ein hervorragender Autorenfilm mit präzisem Humor über einen erfolglosen Schriftsteller, der aus Geldnot Jugendherbergstester wird und in leergefegten Pensionen kurz vor Weihnachten auf sonderbare Charaktere trifft.

Die Fragen stellte Denis Demmerle.

Das 4. Weihnachtsfilmfestival findet von 19. bis 22. Dezember 2019 im Kino Moviemento statt.

1 2