Ein Wochenende voll Animation: Das 8. Festival Of Animation Berlin

Zwei Jahre sind vergangen seit dem letzten Festival of Animation Berlin (FAB). Nachdem die renommierte und beliebte Werkschau aus den animierten Welten im vergangenen Jahr schon kurz vor dem Aus schien, ist sie nun mit geballter Kraft zurück und präsentiert sich vitaler denn je. Das Festival findet vom 26. bis 28. September erneut im silent green und im City Kino Wedding statt und es hat Einiges nachzuholen: gezeigt werden die besten Animationsfilme der letzten zwei Jahre. Ganze 131 Beiträge aus 33 Ländern sind am kommenden Wochenende in Berlin zu bewundern. Neben einer Handvoll Langfilme, widmet sich das FAB einmal mehr der kurzen Form und damit der bevorzugten Spielwiese junger, aufstrebender Talente. Zu erleben ist die ganze Vielfalt und Bandbreite des animierten Films: 2D, 3D, Stop Motion, Handdrawn, Mixed Media u.v.m.
Die präsentierten Filme treten in sechs Wettbewerben an: Internationaler und Deutscher Animationsfilm, Neue Talente (Werke von Studentinnen), Animierter Langfilm, Pink Panda (Werke für ein jüngeres Publikum, unterteilt in: Vorschule, Grundschule und Sekundarstufe) sowie Animierte Auftragsarbeiten, der sich Animationen in Werbung, Imagefilm, Musikvideo etc. widmet.
Im Fokus des FAB 2025 steht mit Japan ein Land, das die Animationskunst als Teil seiner kulturellen DNA betrachtet. Anders als in der westlichen Welt, in der Trickfilme – zumindest in der breiten Öffentlichkeit – lange als „Kinderkram“ betrachtet wurden (als wenn das etwas Schlechtes oder weniger Gehaltvolles wäre), hatte Animation in der japanischen Kultur immer einen herausragenden Status. Zeichner wie Hiroshige oder Hokusai gehören zu den wichtigsten japanischen Künstlern des 19. Jahrhunderts. Ihre reduzierte, minimalistische Kunst inspirierte später die französischen Impressionisten und die ersten westlichen Comic-Zeichner. Japanische Comics, die Mangas, erfreuen sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts in ihrer Heimat großer Beliebtheit und erobern seit den 1960er Jahren auch den westlichen Markt. Etwa zur selben Zeit beginnt auch der Siegeszug des Animes, des japanischen Zeichentrickfilms.
Dass das Anime nicht nur niedliche Geschichten für Kinder bereithält, sondern in allen Genres zu Hause ist und z.B. auch harte Gangsterepen, Horrorgeschichten, Science Fiction oder Erotik erzählt, lernt der Westen erst später. Heute erfreut sich das Anime größter Beliebtheit und ist Teil einer modernen globalen Popkultur. Der ebenso eigenständigen wie einflussreichen Bildsprache des Animes widmet das FAB eine ganze Reihe von Workshops und Präsentationen. Gezeigt werden die Klassiker WHISPER OF THE HEART (Mimi o sumabesa/1995) von Yoshifumi Kondô und WIE DER WIND SICH HEBT (Kaze tachinu/2013) des zweifachen Oscarpreisträgers Hayao Miyazaki. Für beide Filme zeichnet das legendäre Studio Ghibli verantwortlich. Zudem wird mit ON-GAKU: OUR SOUND (2019/R: Kenji Iwaisawa) eine weitere Anime-Stimme präsentiert. Kuratiert wurde dieser Teil des Programms von den Animationsregisseurinnen Linda Machida, die auch für den Festivaltrailer verantwortlich zeichnet, und Sawako Kabuki. Zur Eröffnung des Festivals wird es zudem ein Konzert des AniManga Chors geben, dessen Schwerpunkt die Interpretation von Anime-Soundtracks ist.
Das Rahmenprogramm bietet neben zahlreichen Workshops, Masterclasses und Präsentationen auch ein Sonderscreening zum 65. Jubiläum der Association internationale du film d’animation (ASIFA), die sich seit 1960 der Förderung und dem Erhalt des Animationsfilms widmet und seit 1972 in Hollywood die Annie-Awards, die höchste Auszeichnung des Genres, vergibt. In Berlin wird am 28.09. der ASA25, der ASIFA Student Award 2025 verliehen. Außerdem wird ein Best Of des diesjährigen Factual Animation Film Festivals gezeigt und Branchenvertreterinnen können über diverse Networking-Events Kontakte knüpfen oder ausbauen.
Hier sind die Tipps aus dem Programm:
CONTRADICTION OF EMPTINESS

Darum geht es:
Verzweiflung angesichts der eigenen Sprache, die nicht mehr nur friedliche Schlaflieder singt, sondern als Instrument der Rechtfertigung des Mordens korrumpiert wurde.
Was Du zum Film wissen musst:
Eigenwillige, kraftvolle Ästhetik zeichnet schon frühere Filme Irina Rubinas aus. Ihr neues Werk, das seit dem vergangenen Jahr auf zahlreichen Festivals (u.a. dem DOK Leipzig) zu sehen war, beschäftigt sich vor dem Hintergrund von Putins Angriffskrieg mit der eigenen Identität und der Frage, wie Poesie im Angesicht der Gewalt möglich ist. Der mit dem Nagelbrett-Screen L’Alpine entworfene Film wechselt zwischen den Farben Weiß, Schwarz und Rot, wobei die Motive an die abstrakte Ästhetik Alexander Rodschenkos und des sowjetischen Konstruktivismus erinnern.
Termin beim 8. Festival of Animation Berlin:
26.9.2025, 19.30 Uhr, City Kino Wedding (Deutscher Wettbewerb)
DULL SPOTS OF GREENISH COLOR

Darum geht es:
Auch Sasha Svirskys Film ist eine Auseinandersetzung mit dem Ukraine-Konflikt. Hier steht vor allem die Überforderung durch eine Flut an Informationen im Vordergrund, die nicht mehr die Erkenntnis fördert, sondern eher einer Verschleierung und Umdeutung von Tatsachen dient und schließlich in Fassungslosigkeit und Resignation über eine gestohlene Zukunft mündet.
Was Du zum Film wissen musst:
Der russische Propagandakrieg, Internet-Troll-Armeen, Fake News etc. bereiten den Untergang einer freiheitlichen Informationsgesellschaft vor, der letztlich zu Tyrannei und Diktatur führt. Ästhetisch übersetzt Svirsky die Putinsche Überwältigungsstrategie als audiovisuelle Tour de Force: anstrengend, gleichwohl faszinierend. Auch dieser Film lief schon auf einigen Festivals und wurde in Zagreb mit dem Großen Preis des World Festival of Animated Films und in Wien mit dem ASIFA Austria Award bei den VIS Vienna Independent Shorts ausgezeichnet.
Termin beim 8. Festival of Animation Berlin:
26.9.2025, 19.30 Uhr, City Kino Wedding (Deutscher Wettbewerb)
HIMMEL WIE SEIDE. VOLLER ORANGEN

Darum geht es:
Um einiges friedlicher geht es in Betina Kuntzschs Erinnerungen an den ersten Nachwendesommer 1990 zu. Die Mauer ist gefallen und DDR-Bürger treten zu ihrer ersten Mallorca-Reise an, bezahlt zur Hälfte noch in Ost-Mark. Das Wunder(n) der neuen Zeit und das Staunen über die Welt mischen sich mit Unbeholfenheit und Minderwertigkeitskomplexen.
Was Du zum Film wissen musst:
Dieser charmante, aber so gar nicht nostalgische Rückblick ist von Kuntzsch als Collage ineinander übergreifender Postkarten- und Privatfoto-Motive gestaltet und mit einem liebenswürdigen Off-Kommentar unterlegt. Der Film wurde auf mehreren Festivals gezeigt und gewann beim achtung berlin Filmfestival den Preis für den besten Kurzfilm.
Termin beim 8. Festival of Animation Berlin:
26.9.2025, 19.30 Uhr, City Kino Wedding (Deutscher Wettbewerb)
S THE WOLF

Darum geht es:
Haare als Mittel der Identifikation oder Rebellion? Ein junger Muslim erlebt die Irrungen und Wirkungen seiner Jugend auch als eine Geschichte seines Haupthaares, das sprießt, gelockt, geschoren und plötzlich ganz verschwunden ist. Friseurtrauma und erste Liebe sind ebenso Themen. Vor allem aber steht die wechselvolle und komplizierte Beziehung zum eigenen Vater im Mittelpunkt des Films.
Was Du zum Film wissen musst:
Für den Ägypter Sameh Alaa ist diese minimalistische, in Strichzeichnungen erzählte Reflexion über die Jugend und ihr Verhältnis zur älteren Generation bereits der fünfte Film und lief schon auf einigen Festivals, u.a. in Nashville und in Lissabon.
Termin beim 8. Festival of Animation Berlin:
28.9.2025, 18.30 Uhr, City Kino Wedding (Wettbewerb Internationaler Animationsfilm IV)
SANS VOIX

Darum geht es:
Ein junger Mann verbringt viel Zeit in seiner Wohnung oder im Club. Egal, wo er gerade ist – Techno bestimmt sein Leben. Ob im Rausch der Parties oder allein zu Hause über Kopfhörer – die wummernde Musik ist sein ständiger Begleiter. Das Leben zieht an ihm vorbei. Doch in die Monotonie aus Tanzen, Saufen, Drogen mischen sich Unstimmigkeiten. Ein Baby schaut ihn an, Kinder spielen Fußball oder tollen um ihn herum. Seine (Selbst)Wahrnehmung ändert sich und vielleicht schon bald sein Leben.
Was Du zum Film wissen musst:
Samuel Pattheys dialogfreier Zeichentrickfilm ist ein knapp 15minütiger Rausch aus Farben und Zeichnungen, rasant geschnitten und mit einem mitreißenden Technoscore unterlegt. Visuell bisweilen abstrakt, verliert er sich aber nie komplett ins Surreale. Der Film lief auf diversen Festivals und wurde in Locarno mit drei Preisen, u.a. für den besten Schweizer Kurzfilm und beim Regard – Saguenay International Short Film Festival als bester animierter Kurzfilm ausgezeichnet.
Termin beim 8. Festival of Animation Berlin:
27.9., 19.00 Uhr, City Kino Wedding (Wettbewerb Internationaler Animationsfilm III)
LESBIAN SPACE PRINCESS

Darum geht es:
Prinzessin Saira, introvertierte Tochter der Königinnen des Planeten Clitopolis muss ihre heiße Freundin, die Kopfgeldjägerin Kiki aus den Klauen der Straight White Maliens befreien. Das Problem: Kiki hat gerade mit Saira Schluss gemacht. Doch damit nicht genug. Um Kiki zu retten, muss Saira den Safe Space des queeren Weltraums verlassen und sich auf ein haarsträubendes inter-gay-laktisches Abenteuer einlassen.
Was Du zum Film wissen musst:
LESBIAN SPACE PRINCESS hat einen klaren Adressaten, ist mit zahlreichen Anspielungen gespickt und um kein LGBTQIA+Klischee verlegen. Dass das quietschbunte Spektakel auch außerhalb dieser Zielgruppe großes Vergnügen bereitet, liegt an den unverschämt witzigen Dialogen, die keinen Gag und keine Anzüglichkeit liegen lassen. Der Film von Emma Hough Hobbs und Leela Varghese ist Camp, aber mit Ansage. Ein queerer Spaß, der auf mehreren Festivals mit großem Zuspruch lief. In Locarno mit dem Young Lovers Award ausgezeichnet, in Adelaide und in Sydney jeweils mit dem Publikumspreis gefeiert, gewann der Film im Frühjahr auf der Berlinale den Teddy Award.
Termin beim 8. Festival of Animation Berlin
28.9.2025, 18.30 Uhr, City Kino Wedding (Wettbewerb Animierter Langfilm)