„The Act of Killing“ von Joshua Oppenheimer


Massenmörder iszenieren ihre furchtbaren Taten. Foto: (c) Anonym.

Massenmörder iszenieren ihre furchtbaren Taten. Foto: Anonym.

Massenmord als Theater AG

Dass der Dokumentarfilmer Joshua Oppenheimer über einen ebenso feinen wie schonungslosen Sprachwitz verfügt, verdeutlichen bereits seine einleitenden Sätze zur Begrüßung des Berlinale-Publikums: „Ich freue mich in der Heimatstadt meiner Großmutter zu sein. Sie hat diese zum Glück früh genug verlassen, so dass ich heute vor euch stehen kann.“ In „The Act of Killing“ hat sich der amerikanische Wahllondoner jedoch nicht mit dem Holocaust, sondern mit den Verbrechen der indonesischen Militärjunta auseinandergesetzt. Nach dem Militärputsch im Jahr 1965 begann in Indonesien eine brutale Verfolgung von Kommunisten, Andersdenkenden sowie der chinesischen Minderheit. Schätzungen zufolge mussten über eine Million Menschen sterben. Die Täter, meist staatsnahe Gangster, wurden jedoch bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen. Im Gegenteil: Sie sind akzeptierte und bewunderte Mitglieder der indonesischen Gesellschaft, haben enge Beziehungen in die höchsten Kreise der indonesischen Politik und prahlen öffentlich mit ihren Verbrechen.

Joshua Oppenheimer wagt sich mutig in die Täterperspektive. Die zwei gealterten und leider nicht unsympathischen Gangster Anwar Congo und Herman Koto sind bereit, ihm Rede und Antwort zu stehen. Um seinem Film Dynamik zu verleihen, greift Oppenheimer zu einem ebenso genialen wie simplen psychologischen Taschenspielertrick: Er bittet die begeisterten Gangster, ihre Taten in Filmszenen nachzustellen – als Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler in Personalunion. Sie machen sich mit beinahe kindlicher Phantasie ans Werk, suchen sich coole Outfits (der dicke Herman hat eine Vorliebe für glitzernde Abendkleider), legen sich lässige Sprüche zurecht. Das Ergebnis ist so bedrückend wie atemberaubend. Über ihre damalige Brutalität machen sich die Gangster keine Illusionen. Doch der Dreh reißt Wunden auf. Als die Verbrennung eines Dorfes nachgestellt wird, verpflichten Anwar und Hermann Statisten. Kinder und Frauen, die die verzweifelten Angehörigen der Kommunisten darstellen sollen. Doch die Überraschung ist groß: Nach der Beendigung des grausamen Drehs können die Kinder nicht aufhören zu weinen, eine Frau bricht zusammen.

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