„The Act of Killing“ von Joshua Oppenheimer



Mehr und mehr beginnen die Laiendarsteller zwischen den Szenen zu diskutieren, alte Geschichten auszutauschen. Ein Komparse erzählt vor versammelter Mannschaft – immer betonend, dass er auf der Seite der Regierung stehe – wie er als 10-Jähriger seinen getöteten Stiefvater am Straßenrand begrub. Eine neue Dimension eröffnet die späte Ankunft des ehemaligen Gangsters Adi Zulkadry. Er betont ausdrücklich, dass die Verbrechen von Seiten der Militärregierung ausgingen, dass sie brutal und ungerechtfertigt waren. Persönlich lässt ihn die Vergangenheit jedoch vollkommen kalt. Anders der heimliche Star des Films, Anwar Congo: Von Beginn an lässt er in Nebensätzen durchblicken, dass er nicht schlafen kann, zieht auch die direkte Verbindung zu seinen Taten. Nachdem er in einer Szene das Opfer gespielt hat, passiert das Unvorstellbare: Er entwickelt ein neues Bewusstsein seiner Taten. Beim Besuch eines Tatorts wird er von Brechreizen geschüttelt.

Dies ist eine von unzähligen Szene aus „The Act of Killing“, die den Zuschauer geradezu ungläubig zurücklassen. Ungläubig darüber, dass es Joshua Oppenheimer geschafft hat, sie für einen Film festzuhalten. „The Act of Killing“ ist ebenso bedrückend, wie humorvoll. Ein unterhaltender Schlag in die Magengrube, der sowohl die moderne indonesische Politik entlarvt, als auch die bequeme Deutung des Massenmörders als Monster in Frage stellt. Ein Film, der nicht zum Nachdenken anregt, sondern dazu zwingt. „The Act of Killing“ ist einer der besten Dokumentarfilme, die jemals gedreht wurden. Und jeder sollte ihn gesehen haben.

Peter Correll

The Act of Killing“ von Regisseur Joshua Oppenheimer, Kinostart: 14. November 2013

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