„Victoria“ von Sebastian Schipper


Ein Film in einem Take! "Victoria" begeistert dank seiner starken Darsteller Frederick Lau und Laia Costa. © Senator Film Verleih

Ein Film in einem Take! „Victoria“ begeistert dank seiner starken Darsteller Frederick Lau und Laia Costa. © Senator Film Verleih

Von Wahn und Wirklichkeit

Der Kinosaal ist ein Berliner Szeneclub. Stroboskop-Gewitter, Techno und verschwommene Blicke, bis die Kamera sich schließlich dem Mädel nähert, dem sie bis zum nächsten Morgen nicht mehr von der Seite weichen wird. „Victoria“ ist filmischer Wahnsinn.

Einen kompletten Spielfilm als eine einzige, große Plansequenz zu inszenieren ist keine neue Idee. Schon 1948 hat Hitchcock mit seinem „Cocktail für eine Leiche“ ein ähnliches Vorhaben auf die Leinwand gebracht. Nicht nur damals zeugte das ein Stück weit von Größenwahn. Sebastian Schippers Beitrag zum Wettbewerb der 65. Berlinale mag ein Wahnsinn mit Geschichte sein. Weniger mutig oder innovativ wird er dadurch noch lange nicht. Dem, was Schipper und seine Crew hier geschaffen haben, haftet in keinem Moment das Gefühl eines Experiments an. Es ist nichts, auf das man sich erst einlassen müsste. Keiner dieser sperrigen Filme, vor denen so viele eher unterhaltungsorientierte Kinogänger so gerne die Augen verdrehen. Der Film reißt von Beginn an mit und lässt bis zum Schluss nicht wirklich los.

Die Schauspieler  Laia Costa, Frederick Lau und Franz Rogowski (v.l.n.r.) wagten mit Regisseur Sebastian Schipper den wilden Ritt "Victoria". © Senator Film Verleih

Die Schauspieler
Laia Costa, Frederick Lau und Franz Rogowski (v.l.n.r.) wagten mit Regisseur Sebastian Schipper den wilden Ritt „Victoria“. © Senator Film Verleih

Victoria (Laia Costa) ist eine Zugezogene wie sie im Buche steht. Gerade aus Madrid in die deutsche Hauptstadt gekommen, lässt sie sich ein wenig treiben, arbeitet in einem Café und versucht das Nachtleben zu genießen. Sonne, Blinker, Boxer und Fuß (Frederick Lau, Burak Yigit, Franz Rogowski, Max Mauff) hingegen sind ziemlich asozial, ziemlich prollig, ziemlich betrunken und doch irgendwie liebenswert. In die angesagten Clubs kommen sie gar nicht erst rein. Das echte Berlin liege ja auch sowieso eher draußen auf der Straße. Wenn es jemand wissen muss, sind sie es.

Die Figuren erscheinen als Stellvertreter für die Kluft zwischen denen, die schon immer da waren und denen, die erst mit dem Hype in die Hauptstadt gekommen sind. Um vier Uhr morgens prallen die beiden Welten vor einem Kreuzberger Technoclub aufeinander und siehe da, sie verstehen sich. Ein Trip durch die Großstadt beginnt, doch bald kippt die ausgelassene Stimmung.

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