„Victoria“ von Sebastian Schipper



Schwere Waffen, ein Bankraub, eine Flucht. Die flüchtige Entscheidung dem Abend doch noch eine Chance zu geben hat größere Konsequenzen, als einen dicken Kopf am nächsten Morgen. Bis dahin gibt es keine Zeit zum Luft holen. Nicht zuletzt durch die Machart ist „Victoria“ rasant erzählt. Wo es keinen Schnitt gibt, gibt es auch keine Schnittbilder. Das Drehbuch umfasst gerade einmal zwölf Seiten, die Schauspieler haben viel Raum für Improvisation. Sie kommen kaum zur Ruhe. Sie fallen sich ins Wort und sorgen ständig für Bewegung. Es gibt keinen Stillstand und doch verliert die Kamera nie den Blick auf das Wesentliche.

Was kann man einem solchen Film vorwerfen? Vielleicht, dass an der einen oder anderen Stelle doch mal eine Länge entsteht und die Frage aufwirft, ob die 140 Minuten Laufzeit von „Victoria“ nun sinnstiftend oder tatsächlich größenwahnsinnig sind. Vermutlich weder noch. Die Machart des Films bietet einfach nicht die Möglichkeit auf gängige Mittel der Beschleunigung zurück zu greifen. Jeder Weg muss gegangen werden, Elipsen sind unmöglich. Alles geschieht unmittelbar im hier und jetzt. Im besten Fall führt das zu einem Gefühl von Authentizität, von einem Realismus der Darstellung. Dieser fasziniert umso mehr, wenn man schlussendlich aus dem Kinosaal in seine eigene nächtliche Großstadt stolpert und sich fragt, was man da gerade gesehen hat. Ein Berlin Portrait, ein Heist-Movie und irgendwie doch einfach ein boy-meets-girl.

Albert Knaub

Victoria“ Regie: Sebastian Schipper, DarstellerInnen: Laia Costa, Frederick Lau, Burak Yigit, Franz Rogowski, Max Mauff u.a., Kinostart: 11. Juni 2015

Silberner Bär für eine Herausragende Künstlerische Leistung für Kameramann Sturla Brandth Grøvlen!

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