„Berlin Alexanderplatz“ von Burhan Qurbani



Aus Francis wird schließlich Franz, als Reinhold ihm an einem exzessiven Abend mit zwei Prostituierten einen deutschen Namen verpasst. Er lernt die Clubbesitzerin Eva (Annabelle Mandeng) kennen, sein Leben scheint von Erfolg gekrönt zu sein. Doch er wird von Reinhold und dessen skrupellosem Boss Pums (Joachim Król) in einen Juwelenraub verwickelt, der ihn mehr als nur seinen Arm kostet. Zusammen mit dem Call-Girl Mieze (Jella Haase) versucht er fortan, aus dem Sumpf des Verbrechens zu entkommen und wird immer wieder dorthin zurückgezogen.

Qurbani überzeugt in seinem ausladenden Genrefilm mit einer Kontrolle über die filmischen Mittel. Die Kamera fängt die neonbeleuchteten Drehorte auf eindrucksvolle Weise ein. Eine rauschhafte Szene in dem Club „Neue Welt“ scheint mit ihrem ausladenden Art Deco-Stil an die Erfolgsserie Babylon Berlin angelehnt zu sein. Auch das Sounddesign ist auf imposante Weise gestaltet.

Jedoch wird man das Gefühl nicht los, dass „Berlin Alexanderplatz“ mit seiner literarischen Vorlage in Kombination mit der viel diskutierten Flüchtlingsthematik etwas zu kalkuliert auf den Konsens am aktuellen Filmmarkt hierzulande zugeschnitten ist. Vor allem im direkten Vergleich zu Qurbanis vorherigem Werk „Wir sind jung. Wir sind stark.“, welches thematisch einer der wichtigsten Beiträge zum deutschen Kino der vergangenen Jahre war, lässt es ein wenig an Diskussionsstoff und Streitpunkten vermissen. Die Möglichkeit dazu wäre angesichts Debatten über Drogendealer in öffentlichen Parks gegeben gewesen. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die Handlung im Gegensatz zum Roman kaum am namensgebenden Alexanderplatz angesiedelt wurde, welcher in den Medien als sogenannter „Kriminalitäts-Schwerpunkt“ bezeichnet wird und ausreichend Möglichkeiten dazu geboten hätte. Nichtsdestotrotz ist „Berlin Alexanderplatz“ ein fesselndes fiktives Unterweltdrama, welches sein Publikum über die epische Lauflänge von drei Stunden nicht so schnell wieder loslassen wird.

Henning Koch

„Berlin Alexanderplatz“, Regie: Burhan Qurbani, Darsteller*innen: Welket Bungué, Jella Haase, Albrecht Schuch, Joachim Król, Annabelle Mandeng; Kinostart: 16. Juli 2020

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