Berlinale Filmkritik: „We come as friends“ von Hubert Sauper


Konflikte sind nur eine Wiederholung alter, bekannter Kolonialstrukturen. Foto: Hubert Sauper

Konflikte sind nur eine Wiederholung alter, bekannter Kolonialstrukturen. Foto: Hubert Sauper

Konturen schärfen

Es gibt Sätze, die nur aus der Ferne freundlich winken und bei genauem Hinsehen bedrohlich leuchten. „We come as friends“ ist so eine Tretmine im Rüschenkleidchen: Beim langsamen Lesen schmeckt man schwelende Gefahr und trojanische Pferde. Kein Wunder also, dass ihn der Österreicher Hubert Sauper zu seinem Filmtitel auserkoren hat, denn um nichts anderes geht es in seiner ersten Doku nach dem Oscar-nominierten „Darwins Albtraum“ (2004) – es geht um ein Lächeln, einen Händeschlag und dann die Annektierung, um Kolonialismus also.

Sauper richtet seinen Blick dabei auf den Sudan, einst Afrikas größter Flächenstaat, reich an Bodenschätzen wie Erdöl, Eisen, Marmor, Gold und Uran und reich an Konflikten, die über Territorium und Besitz ausgefochten wurden und werden. Saupers Film beginnt kurz vor dem Referendum im Jahr 2011, mit dem der christlich geprägte Südsudan mit überwältigender Mehrheit seine Unabhängigkeit von der Islamischen Republik Sudan erklärte, mit der er jahrzehntelang (teils kriegerische) Auseinandersetzungen um Autonomie und Ressourcen geführt hatte. Seitdem ist mitnichten Entspannung eingetreten: der Südsudan ist von bürgerkriegsähnlichen Zuständen bedroht, der Kampf um Ressourcen zwischen den beiden Staaten längst nicht ausgestanden.

In Saupers Film sind eben diese Konflikte nur eine Wiederholung alter, bekannter Kolonialstrukturen, die sich wie konkurrierende Netze über den Sudan und Südsudan legen und in ihren jeweiligen ideologischen Verhärtungen die Feindseligkeit schüren. Im Südsudan sind es die USA, insbesondere die Entwicklungshilfe-Industrie der UN, im Sudan ist es China, mit seinen Bohranlagen. Den beiden Supermächten ist viel gemein: Beide verschmelzen Sie mit Ihrer Bevormundungsrolle und beide verstehen sich als legitime Geschäftsleute und Partner.

Die Sudanesen sind in ihren Rechnungen unbedeutende Größen – „Man muss konkurrieren können, ich denke nicht, dass die Afrikaner dass können“ sagt der Chinese; „Er hat gesagt, dass da früher kein Zaun war und da habe ich ihm gesagt, dass aber nun jetzt ein Zaun steht und seine Tiere da nicht mehr fressen können“, sagt der Amerikaner. Die einen schließen sich in ihren bunker-ähnlichen Fabrikeinlagen ein, um den Fremden, den Sudanesen in ihrem eigenen Land, nicht begegnen zu müssen (Chinesen), die anderen bauen sich Häuser in die Dörfer, missionieren und ziehen die in ihren Augen verwahrlosten nackten Wilden an (weiße Socken im staubig-braunen Wüstensand), damit sie das andere Afrika nicht länger wahrnehmen müssen (Amerikaner). Das eine ist nicht schöner als das andere.

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