Berlinale Filmkritik: „We come as friends“ von Hubert Sauper


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Überraschend ist es allerdings auch nicht. Dort, wo Sauper in „Darwins Albtraum“ dramaturgisch streng durchdeklinierte, einen überraschenden Spannungsbogen und einen regelrechten Twist einbaute, befindet sich in „We come as friends“ der vorhersehbare Kalte Krieg als neue Kolonialismus-These; man muss sich nur noch entscheiden, wen man nun ekliger findet. Dabei gehen die Feinheiten ein wenig verloren: Dass auch andere Länder im Sudan und Südsudan geopolitische Interessen vertreten, wird genau so wenig thematisiert wie der die generelle Verbandelung der Entwicklungshilfe-Industrie mit westlichen, vor allem europäischen Mächten.

Saupers Schwarz-Weiß-Zeichnung hat aber den Vorteil, dass man die Konturen stärker wahrnimmt. So sprechen die Sudanesen und Südsudanesen über den an ihnen weiter verübten Landraub, über die Vergiftung des Trinkwassers durch leckende Ölrohre, über die grassierende Korruption und die an Sklavenarbeit grenzenden Arbeitsbedingungen und verweisen so auf ihre eigene Geschichte und Verortung, die sie weiterhin nur aus einer Opferperspektive erzählen können. Der Postkolonialismus wird hier schonungslos ad absurdum geführt – die alten Herrschaftsstrukturen sind noch völlig intakt. Es ist dieses Konterkarieren der einander in Fremdheit oder Abscheu zugewandten Protagonisten, die We come as friends so unbedingt sehenswert macht – und die ewige und schockierende Repetition eines Machtungleichgewichts, einer Unterdrückung.

„Did you know that the moon belongs to the white man?“ sagt ein Sudanese im flackernden Kerzenlicht, die Augen traurig zitternd. Und wir müssen ja sagen, ja, das wissen wir. Und es ist gut, dass es Filmemacher gibt, die uns immer wieder mit der Nase darauf stoßen.

Marie Ketzscher

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