„Blaue Stunde“ von Clemens Helmchen (Juni 20)


Impro auf allen Ebenen: „Kotze“ aus Apfelsaft, Orangensaft, Mais und gerösteten Zwiebeln…

Die Dynamik zwischen den Darsteller*innen ist großartig! Wie viel war vorgegeben, wie viel ist improvisiert?
Bis zur Szene mit dem Erbrechen ist der Film gestellt, also ab dann beginnt die Improvisation. Den Abend vorher habe ich „Kotze“ aus Apfelsaft, Orangensaft, Mais und gerösteten Zwiebeln gemischt, welches zu einem authentischen Geruch führte. Die Schauspielerin Ambar hat dann den Frischhaltebeutel mit dem Gemisch stilvoll entleert.
Es gibt kein Skript. Der Teil mit dem Schauspieler Simon war grob abgesteckt, aber ohne geschriebenen Text. Die Rollen habe ich recht klar charakterisiert und den Konflikt klar definiert. Spannend an diesen gezielten Improvisationen ist, ob es dann genau so ausgeht, wie ich es mir denke. Mein hypothetisches Ende teile ich natürlich niemanden mit, aber oft läuft es auf meine Vorstellung hinaus.

Und wie ist dieser tolle Cast zusammengekommen?
Ambar kenne ich vom Kino Kabarett. Die anderen Schauspieler Simon und Pia habe ich durch eine Anzeige auf der Filmemacherplattform Crew United gefunden. Wir haben uns vor dem Dreh noch nicht mal getroffen, aber telefoniert. Etwas naiv vielleicht aus heutiger Sicht, aber es ging alles gut.

Wo wurde der Film bislang gezeigt?
Der Film lag lange bei mir in der digitalen Mottenkiste (gedreht 2014), da ich noch andere Pläne mit dieser Szene hatte. Somit wurde er erst 2019 beim Kino Loop Screening uraufgeführt. Dort gab es überraschend positive Resonanz. Er lief auch noch auf einem Screening in Moskau.

Wie bist du zum Filmemachen gekommen?
Mich hat das Filmen und Fotografieren schon immer interessiert. Und manchmal lösen Filme, in denen ich Kamera führe, weitere Assoziationen bei mir aus, die ich gelegentlich auch umsetzen will.

Du machst ja sowohl Regie und Schnitt als auch Kamera…
Generell ist die Kombi Kamera-Schnitt-Regie keine gute. Ich kann nur jedem davon abraten, weil die Aufmerksamkeit für alle Bereiche leidet. Andererseits hat man ein kleineres Team, welches im Low-Budget-Bereich viele organisatorische Vor- aber auch Nachteile birgt.

Fühlst du dich in einer dieser Rollen besonders zuhause oder hängt das eher vom Projekt ab?
Mich fragen ab und an Freunde ob ich nicht Lust habe Kamera bei ihren Projekten zu machen und oft sagt mir deren Idee zu. Fragt mich aber keiner und ich habe eine Idee, muss ich selber ran. Für mich ist Filmemachen ein Hobby, weil so ein Dreh oft viel Spaß und Inspiration mitbringt. Das bringt mich quasi in eine andere Welt, wo man den Alltag vergisst.

Hast du als Filmemacher (oder Fotograf) mit unmittelbaren Auswirkungen der Corona-Krise auf deine Arbeit (oder Auftragslage) zu kämpfen?
Jein, klar habe ich seit Corona nichts gedreht oder fotografiert, vermutlich bleibt es in diesem Jahr auch dabei. Aber das ist nicht mein Brotjob, sondern noch ein Hobby. Ich verdiene mein Geld in der Postproduktion als Supervisor/Koordinator, bin aber seit November projektbedingt arbeitslos. Das wird sich aber bald wieder ändern.

Und zu guter letzt: Wie bist du zum Open Screening gekommen und wie war’s?
Daniel aka Herbert Hut hat mich mitgenommen. Wir brauchten eine gute Deadline zur Finalisierung seines Films „Artrose und Kinder„. Bei dem Film habe ich Kamera geführt und habe Daniel beim Schnitt geholfen. Er findet „Blaue Stunde“ super und meinte ich könnte ihn dort auch zeigen. Deswegen liefen beide Filme dort. Das Open Screening fand ich übrigens super. Es gab viele interessante Kurzfilme. Ich hoffe, dass die Freiluftkinovariante auch jetzt in Corona-Zeiten möglich wird.

Unterstützt das Sputnik Kino Kreuzberg, Spielstätte des Open Screenings, zum Beispiel mit dem Kauf eines Gutscheins! Wir wollen doch alle wieder Kurzfilme auf großer Leinwand sehen…

Alle Open Screening-Kurzfilme findet ihr in unserem Open Screening-Kanal!

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