„Der letzte Mieter“ von Gregor Erler


Der letzte Mieter“ (der im Englischen witzigerweise „The Last Berliner“ heißt) – das klingt nach dem letzten Menschen auf der Erde, als würde eine apokalyptische Vision gezeichnet, in der es keine Mieter*innen mehr gibt, nur noch Eigentümer*innen. Es klingt außerdem nach Augenzwinkern. Aber das gibt es nicht, im Gegenteil: „Der letzte Mieter“ ist ein ziemlich ernster Film (oft mehr Drama als Thriller), in dem Gut und Böse klar gesetzt sind. Die Immobilienfirma ist natürlich korrupt und will Luxuslofts bauen statt der versprochenen Sozialwohnungen, der Makler ist eine intrigante Sau ohne Gewissen. Und ohnehin: Die Immobilienbesitzenden sind die Reichen sind die Bösen. Als Tobias dem Makler ins Portemonnaie schaut und dann verkündet: „Das ist mehr als seine Rente“ will man echt kurz sagen: Jetzt reicht es aber mal mit den Plattitüden. Und auf der anderen Seite ist da der Held Tobias; der ist arm und lieb, hat schöne Kindheitserinnerungen und nur eine Forderung zur Geiselfreilassung: Alle Parteien mögen bitte wohnen bleiben, mit lebenslangem Wohnrecht. Aber klar: Wen die Schwarz-Weiß-Zeichnung und unglaubwürdigen Momente nicht stören, der begreift „Der letzte Mieter“ vielleicht als deutliche Haltung und Absage an die derzeitige Politik.

Es sind dann tatsächlich die Schlussszenen, die das Potential andeuten, das „Der letzte Mieter“ eigentlich innewohnt – ein Berlin, in dem Immobilien wenigstens mit viel Wumms den Immobiliengiganten entrissen werden. Tabula fucking rasa. Richtiger Genrefilm eben. In diese Chaoswelt würde das unendlich Böse, das hier so überzeichnet scheint, viel besser passen; vielleicht wäre sogar ein bisschen Ironie möglich. Ein Zombie-, Slasher- oder Horrorfilm, in dem die alten Mieter*innen als sympathische Zombies die neuen schicken Lofts erklimmen. In dem sich ein entwohnter Mieter als Rächer durch die Immobilienwelt metzelt – nur weil er am Ende auch ein kleines Häuschen am Rande Berlins möchte. Geistervillen mit knarzenden Truhen voller alter Wohnerinnerungen. Sicher ist: Die Gentrifizierung hält für den Genrefilm noch viele Geschichten und Bildwelten bereit. Jedes Jahr mehr davon.

Marie Ketzscher

Der letzte Mieter“, Regie: Gregor Erler; Darsteller*innen: Matthias Ziesing, Pegah Ferydoni, Moritz Heidelbach.

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