„Dicke Mädchen“ von Axel Ranisch
„Dicke Mädchen“ erzählt auf äußerst liebevolle Weise die Liebesgeschichte von Sven (Heiko Pinkowski) und Daniel (Peter Trabner), die dank der gemeinsamen Hingabe zu Svens Mutter Edeltraut (Ruth Bickelhaupt) entstehen darf. Sven lebt gemeinsam mit seiner alten, dementen Mutter Edeltraut in einer Platte in Berlin-Lichtenberg. Ihre Tage ähneln sich. Früh morgens wacht Mutti im Ehebett, das sich die beiden teilen, auf, um zur Arbeit zu gehen, dabei ist für sie „doch immer Wochenende“, wie Sven so schön sagt. Wenig später kommt Daniel mit Frühstück bei den beiden an. Er pflegt die charmante, rüstige Dame am Tage. Wäscht sie, geht mit ihr Spazieren oder Eis essen, während Sven seinem Job bei einer Bank nachgeht. Als die alte Dame Daniel versehentlich aussperrt und ausbüchst, begeben sich die beiden Männer auf die Suche und lernen sich auf Edeltrauts Pfaden kennen. Und mehr: Zwischen Sven und dem verheirateten Familienvater Daniel entwickelt sich während der gemeinsamen Stunden mit Edeltraut aus gegenseitiger Zuneigung eine zarte Liebe, die eine geteilte Tragödie nur weiter verstärkt.
Regisseur Axel Ranisch entwickelt mit dem improvisatorischen Zutun seiner drei Akteure eine wunderbare, leichtfüßige Tragikomödie, die zulässt, dass eine beinahe 90-jährige Hauptdarstellerin, Ranischs Oma, debütiert und in einer Schlüsselszene zwei dicke, schwule Männer minutenlang nackt an einem Seeufer herumalbern. Großartig und mutig! Jeder einzelnen Szene ist die Spielfreude der Beteiligten anzumerken – nur durch diese funktionierende Chemie kann ein solches Experiment derart gelingen. Als Ergebnis bleibt ein Werk, das Ranischs Karriere auf den Weg bringen wird und nebenbei die Funktionsweise der hiesigen Fördersysteme kritisch hinterfragt.
Denis Demmerle
„Dicke Mädchen“ Regie: Axel Ranisch, Darsteller: Peter Trabner, Ruth Bickelhaupt, Heiko Pinkowski, Paul Pinkowski, Kinostart: 15. November 2012