ICH SEH ICH SEH von Veronika Franz & Severin Fiala



Das Drehbuch ist zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar und besticht durch seine originellen Details und sein unerwartetes Ende. Gespickt ist der Film mit klassischen Elementen des Horrors, die er unaufgeregt in das Kammerspiel einbindet. Szenen, in denen die eineiigen Zwillinge zum Beispiel durch hochstehende Maisfelder jagen, rufen beim Zuschauer Assoziationen zu Klassikern des Horrorgenres hervor.
Die klar auserzählten Gewaltsequenzen lassen keinen Zweifel daran, dass Provokation und Schockmoment Teil der Agenda der Filmemacher sind. Die Darstellung von Emotionalität wird im Gegensatz bewusst kleingehalten. Der Film hält sich wenig mit Erklärungen auf und verlässt sich ganz auf die Ausdruckskraft seiner Bildsprache. Der überaus realistische Eindruck entsteht durch die ganz eigene Handschrift der beiden Filmemacher: Dialoge, Handlung, Ton und Atmosphäre fügen sich zu einer kompakten, durchkomponierten Einheit zusammen, in der keine einzige Einstellung austauschbar erscheint. Beide Filmemacher sind präzise Beobachter. Sie interessieren sich „für eine Art von Horror, die in der Realität wurzelt, die aus dem Alltag erwächst und in ganz einfachen Dingen liegt: in einem bandagierten Gesicht, einem Satz, einer Lupe, einer Zahnseide.“, wie es Veronika Franz und Severin Fiala selbst zusammenfassen.

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Insgesamt handelt es sich bei ICH SEH ICH SEH um einen typischen Festivalfilm, dessen Vorzüge sich besonders einem cinephilen Publikum erschließen, das große Publikum aber gleichzeitig mit ausreichend Spannung bei Laune halten. Kein Wunder also, dass der Film bereits im vergangenen Jahr seine Premiere auf den Internationen Filmfestspielen von Venedig feiern durfte.

Emily Grunert

ICH SEH ICH SEH , Regie: Veronika Franz und Severin Fiala, DarstellerInnen: Susanne Wuest, Lukas Schwarz, Elias Schwarz, Kinostart: 2. Juli 2015

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