ICH SEH ICH SEH von Veronika Franz & Severin Fiala
Vertrauensfrage
Es handelt sich um ein ganz banales Spiel zur Belustigung kleiner Kinder: die Mutter hält sich mit den Händen das eigene Gesicht zu und fragt: Wo ist die Mama? Ja, wo ist die Mama? Bis das Kind im besten Fall über das plötzliche Verschwinden lacht oder im schlimmsten Fall, den Verlust mit Panik quittiert.
Der psychologische Thriller ICH SEH ICH SEH macht sich die darin begründete Urangst vor dem plötzlichen Verschwinden der Eltern zu nutzen und wirft im gleichen Atemzug die ganz großen Fragen unserer Identität auf.
Der Film erzählt von den eineiigen Zwillinge Elias und Lukas (Elias und Lukas Schwarz), die im puristisch, modernen Feriendomizil voller Vorfreude auf die Rückkehr ihrer Mutter (Susanne Wuest) von einer Schönheitsoperation warten. Doch die Frau, die wenig später eintrifft, sieht zwar aus wie die Mutter und beteuert vehement, diese zu sein, kann die beiden Brüdern aber nicht glauben machen. Aus Angst davor, was die fremde „Mutter“ mit der richtigen gemacht hat, greifen Elias und Lukas zu immer drastischeren Mitteln, um eine Antwort auf die Frage zu erhalten, die sie wie ein Mantra stellen: „Wo ist die Mama?“
Weiterlesen: Unser Interview „Das Schweigsame eint uns mit Haneke„ mit Veronika Franz & Severin Fiala.
Dass die Österreicher das mit dem psychologisierten Horror raushaben, weiß man spätestens seit Michael Hanekes FUNNY GAMES. Ein Filmteam rund um Produzent Ulrich Seidl liefert nun erneuten Beweis.
Die Filmemacher Veronika Franz und Severin Fiala schaffen mit ICH SEH ICH SEH einen Independent Psychothriller, der den Zuschauer ganz nach Genremanier bis zum Schluss im Unklaren darüber lässt, wer denn nun Opfer und wer Täter ist und auf wessen Seite sich der Zuschauer im Recht fühlen darf. So suggeriert ICH SEH ICH SEH im einen Moment, es ginge um die Gefahren von überbordender, kindlicher Fantasie und macht den Zuschauer bereits in der nächsten Szene paranoid genug, dass auch er hinter der Mutter eine dämonische Doppelgängerin vermutet.
Es werden Leerstellen geschaffen, Hintergründe unbenannt gelassen und dem Zuschauer so ein hohes Maß an Eigenleistung abverlangt. Alles scheint um eine Art Rätsel zu kreisen, das nicht die Protagonisten, sondern die Zuschauer lösen müssen.
Hier einige Eindrücke vom Film …