MIGNONNES (CUTIES) von Maïmouna Doucouré


Der Film geriet, insbesondere auf dem US-amerikanischen Parkett, ins Kreuzfeuer der Kritik. Von der einen Seite wurde ihm eine voyeuristische und anti-feministische Haltung, von der anderen, vermutlich aus einem christlich-fundamentalistischen Lager, eine zu laszive Darstellung frühpubertärer Sexualität vorgeworfen, während dies anzuprangern ja genau die Absicht von MIGNONNES ist. Auch wenn die Kritiker wahrscheinlich nur ein unvollständiges Bild des Films haben, ist es andererseits auch berechtigt, den Gedanken zuzulassen, ob man gegen einen Umstand nur mit der Darstellung seiner selbst vorgehen kann. Fest steht, dass das Zuschauen, wie vorpubertierende Mädchen halbnackt mit dem Hintern wackeln und anzügliche Positionen einnehmen, die einem zwar von Werbung, Filmen und der Musikbranche so vertraut sind, schmerzt und abstösst. Mit „niedlich“ hat dies mit Sicherheit nichts zu tun. Zumindest in dieser Hinsicht könnte MIGNONNES also einen wichtigen Denkanstoss geben oder sogar abschreckend wirken.

MIGNONNES ist aber noch viel mehr. Die franko-senegalesische Regisseurin Maïmouna Doucouré erzählt aus der Sicht eines Mädchens, wie unmenschlich schwierig der Spagat zwischen zwei Kulturen sein kann. Von der Protagonistin wird erwartet, dass sie sich in der neuen Heimat zurechtfindet und anpasst, gleichzeitig soll sie den strengen, muslimisch-geprägten Vorstellungen über die Rolle der Frau gerecht werden. Alles während sie schon mit den Herausforderungen des Heranwachsens an sich, den Veränderungen des Körpers beispielsweise, genug gefordert wäre. Ungeschönt und eindrücklich stellt der Film diese innere Zerrissenheit und Überforderung dar.

Teresa Vena

MIGNONNES (engl. Titel: CUTIES), Regie: Maïmouna Doucouré, Darsteller: Fathia Youssouf Abdilahi, Maïmouna Gueye, Mbissine Therese Diop, Médina El Aldi-Azouni, Ilanah Cami-Goursolas, Esther Gohourou, Myriam Hamma, Mamadou Samake, im Streaming auf Netflix

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