„White Shadow“ von Noaz Deshe



Mithilfe dokumentarisch anmutender Sequenzen zeigt „White Shadow“ die grausame Wirklichkeit, in der die Minderheit der Albinos in Tansania lebt. Das Gräuel, das in der westlichen Welt kaum bekannt ist, erzählt Deshe so eindringlich und schonungslos, dass manche Szenen wie aus einem Horrorfilm anmuten. Der Film setzt Unschärfen und Nahaufnahmen bewusst ein, um zu akzentuieren, was in Alias vor sich geht. Mal sieht der Zuschauer von oben auf ihn herunter, dann beobachtet er ihn aus der Ecke, steht neben ihm, wird er. Wenn die Handkamera Alias ruckelnd folgt, findet sich der Zuschauer ebenso wenig zu Recht wie er. Besonders einprägsam sind die wiederkehrenden Aufnahmen bei Nacht. Es gibt kaum Lichtquellen, die Menschen sind nicht mehr als Scherenschnitte im Gegenlicht des Lagerfeuers. Nicht nur auf Alias wirken sie in diesem Setting umso gefährlicher.

White Shadow“ bildet einzelne, exemplarische Mikroszenen im Leben von Alias ab, bleibt damit fragmentarisch und gleichzeitig allgemeingültig. Eine stringente Chronologie scheint „White Shadow“ nur am Anfang einzuhalten, etwa in der Mitte des Films verliert er sich im Nonlinearen. Was bleibt, ist eine Bilderflut.

Doch der von Superstar Ryan Gosling produzierte Film vergisst nicht seinen Protagonisten. Bei allen Schrecken, die „White Shadow“ erzählt, bleibt er immer auch ein Film über einen Heranwachsenden. Alias schließt Freundschaften, durchlebt emotionale Unbeständigkeit und widersetzt sich seiner Mutter, wie jeder andere Junge in seinem Alter. Besonders deutlich wird dies, beim Abschied von Alias und seiner Mutter. Während er schon mit dem Wagen davonfährt, ruft sie ihm noch die letzten Ratschläge hinterher: „Lerne, sei respektvoll, werde ein Mann und komm nach Hause.“ Auch am anderen Ende der Welt bleiben die Wünsche der Mütter die gleichen.

Emily Grunert

White Shadow„, Regie: Noaz Deshe, DarstellerInnen: Hamisi Bazili, James Gayo, Glory Mbayuwayu, Salum Abdallah, Kinostart: 06. November 2014

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