6. Globians Doc Fest im Kino Toni


Filmszene: "The Slums are Alive with The Sound of Music"

Globians, so definieren es die Veranstalter des Globians Doc Fest, sind Menschen, „die in mehr als nur einer Kultur leben„. Gemeint sind Weltbürger, um ein anderes Wort zu bemühen, die sich als Wandler zwischen den Welten betrachten und ihre Wurzel im kleinsten gemeinsamen Nenner suchen: dem Menschsein. Ebenso gemeint ist eine globalisierte Welt nicht im wirtschaftlich-reduktionistischen Sinne, sondern eine Welt, die sich aus dem kulturellen Miteinander bzw. Austausch speist. „Holistisch“ sagen die Macher dazu und so ist das diesjährige Programm der mittlerweile sechsten Ausgabe des Globians Doc Fest, das vom 13. bis 18. August im Kino Toni stattfindet, auch zu verstehen.

Insgesamt werden 33 Dokumentationen, darunter Langfilme (61 bis 180 Minuten), Essays (30 bis 60 Minuten), Kurzdokumentationen (4 bis 30 Minuten) und MiniMovies, die bis zu vier Minuten lang sind, gezeigt. Thematisch befassen sich die Arbeiten mit den unterschiedlichsten Lebenspositionen und -bereichen wie Religion, Tradition, Stadt- und Landleben und Umwelt. Filmische Porträts, philosophische Essays, musikalische Begegnungen, Beobachtungen im Heiligen Land, alternative Wohnungsbauexperimente und Zeitzeugengeschichten – spannende, mitunter Blicke weitende, teils obskure Arbeiten zeichnen die diesjährige Ausgabe aus.

Den Auftakt bildet am Freitag Sarah MacCarthys Film „The Slums of Mumbai are Alive with The Sounds of Music„. Die Filmemacherin begleitet eine Gruppe von Kindern, die an einer Aufführung des Musicals „The Sound of Music“ von Rodgers & Hammerstein arbeiten, in den Slums von Mumbai. Ihr Film zeigt nicht nur die Arbeit mit den Kindern, er spiegelt auch die Hoffnungen und Wünsche der Kinder wider, die sich von dem Konzert, das vor 1000 Besuchern im vornehmsten Konzerthaus Mumbais stattfand, eine Zukunft jenseits des Slums erhoffen.

Foto: Regisseur Juan Mandelbaum

Regisseur James Mandelbaum

Our Disappeared“ – läuft am Sonnabend – begibt sich dagegen auf die Spurensuche zu den Opfern der argentinischen Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983. Tausende Menschen verschwanden in dieser Zeit in den Gefängnissen des Regimes oder wurden ermordet. Der Film von Juan Mandelbaum ist eine persönliche Suche nach den Freunden, die während der Militärdiktatur umkamen und setzt sich sowohl mit den politischen als auch persönlichen Hintergründen der Opfer auseinander. Zu diesem Thema ist aktuell auch ein eindringlicher Fotoband erschienen. Unter dem Titel „Verschwunden“ hat der Künstler Gustavo Germano, er gehört selbst zu den Opfern des Regimes, Familienfotos aus den Siebziger Jahren mit den Menschen nachgestellt und fotografiert, die die Militärdiktatur überlebt haben.

Auf eine Spurensuche der ganz anderen Art begeben sich die beiden Regisseure Michael Nichols und Joshua Woltermann. Ihr filmisches Porträt „The Man Behind the Curtain“ begibt sich in die Lebenswelt des Amateurforschers und Wissenschaftsaussenseiters Chris McKinstry. McKinstry forschte bis zu seinem Suizid am 23. Januar 2006 im Bereich der künstlichen Intelligenz. Im Juli 2000 gründete er das Mindpixel-Projekt, mit dem er den Common Sense – den gesunden Menschenverstand – erforschte. Nichols und Wolterman zeigen Stationen seines Lebens zwischen Kanada und Chile und zeichnen ein lebendiges Porträt eines Aussenseiters im Wissenschaftsbetrieb, dessen Leben geprägt war vom Kampf gegen die biologische Determiniertheit des Menschen.

Thematisch zeigt das Globians Doc Fest Berlin folgende Programmschwerpunkte, die an den insgesamt sechs Festivaltagen zu Tagesprogramm-Themen aufgefächert werden: „In der Welt Sein“ (Freitag), „Amerikanische Grenzgänge(r)“, (Samstag), „Was zu tun ist: Besser Leben! (Sonntag)“, „Fremde Blicke auf Zentral-Asien, vertraute Blicke auf Afghanistan“ (Montag), „Das Heilige Land“ (Dienstag), „Japanische Wendungen“ (Mittwoch). Eröffnet wird das Festival am Freitag um 18 Uhr von dem Berliner Regisseur Michael Verhoeven, Schauspielerin Senta Berger – beiden gehört das Kino Toni – und dem Globians-Doc-Fest-Kuratoren Joachim Polzer.

Martin Daßinnies

Das gesamte Programm zum Download.

Globians Doc Fest Berlin, 13. bis 18. August, Kino Toni am Antonplatz (Weißensee), Karten ab 6,50 €, Tel: 92 79 12 00

Weitere Lesetipps dazu:
6. Globians Doc Fest im Kino Toni“ von Sascha Rettig bei tip-berlin.de.
6. Globians Doc Fest in Berlin-Weißensee“ im BAF-blog.