Cinéfête auf Tournée


Filmszene: "Ma Vie En Rose"

Ein Filmfestfestival für die Jugend – das den Klassenraum in den Kinosaal verlegt. Das Konzept von Cinéfête, das vom 23. bis 29 September in mehreren Berliner Kino stattfindet, ist so einfach wie wirkungsvoll: Ein Jahr lang tourt eine Auswahl von sieben französischen Filmen in Originalversion mit Untertiteln durch deutsche Kinos. Die Lehrer können vorab an Fortbildungen teilnehmen und erhalten zu jedem gezeigten Film ein pädagogisches Begleitheft, das die Vor- und Nachbereitung der Filme in Bezug auf sprachliche und interkulturelle Fragen begleitet.

Der pädagogische Anspruch lässt sich wirklich nicht leugnen, was sich aber auf den ersten Blick ziemlich trocken liest, lässt sich auch anders formulieren: Das Kino fasziniert auf unterschiedlichen Ebenen, vermittelt Emotionen, Zustände und Blickwinkel die gelesen werden sollen (müssen). Kino ist Unterhaltung und versteht sich nicht nur im passiven Kontext. Dementsprechend bunt ist die Genre-Mischung des diesjährigen Programms, das vom Film noir bis zur Multikulti-Familienkomödie reicht. Die Arbeiten von sieben Regisseuren reflektieren Themen wie die Suche nach Arbeit, das Zusammenleben von Menschen verschiedener Kulturen, illegale Einwanderung in Europa, den Umgang mit Obdachlosen und das Leben in der Natur.

Das diesjährige Filmprogramm steht unter dem Motto „Wer bin ich – Wer möchte ich sein?„, denn die Identitätssuche ist für jeden, der aufwächst, ein wichtiges Thema und dazu neben Liebe und Tod auch noch das dritte große Thema des Kinos! So möchte der kleine Eskimojunge im ZeichentrickfilmL´efant Qui Voulait Être Un Ours“ (Janik Hastrup) lieber ein Eisbär sein als ein Mensch. Der Junge Ludovic aus dem fantasievollen „Ma Vie En Rose“ („Mein Leben in Rosarot„) von Alain Berliner träumt sich seine Welt rosarot und glaubt ein Mädchen zu sein. Für Bilal aus dem mehrfach preisgekrönten FlüchtlingsdramaWelcome“ (Philippe Lioret) ist es keine Frage, dass er dort zu Hause ist, wo seine Freundin lebt. Aber er schwimmt vergeblich gegen die Grenzen in Europa an, wo er nicht willkommen ist. Der Bauernjunge Jérôme muss sich in „Quand Tu Descendras Du Ciel“ („Vom Himmel hoch„) von Éric Guirado der Frage nach Freundschaft und Menschlichkeit stellen, als er für die Stadtverwaltung von Lyon Obdachlose aus der Stadt verbannen soll – darunter auch seinen neuen Freund.

Filmszene: "Außer Atem"

Beide Filme setzen sich differenziert mit wichtigen sozialen Fragen unserer Zeit auseinander. In der witzigen Theaterverfilmung „Les Palmes de M. Schutz“ von „La Boum“-Regisseur Claude Pinoteau verfolgt das berühmte Forscherpaar Pierre und Marie Curie schlagfertig und beharrlich seinen Wunsch, grundlegende Gesetze der Natur zu erforschen – dem Konkurrenzdenken und Ehrgeiz seines Auftraggebers M. Schutz zum Trotz. Und in Jean-Luc Godards berühmter Film noir-Parodie „A Bout De Souffle“ („Außer Atem„) wäre der kleinkriminelle Michel gerne ein großer Hollywoodstar.

Martin Daßinnies

Programminfos unter: www.institut-francais.fr/cinefete