Première Brasil: Die Entdeckung einer Filmwelt


Filmszene: "I Travel Because I Have To, I Come Back Because I Love You"

Filmszene: "I Travel Because I Have To, I Come Back Because I Love You"

Der Geologe José wird in den Nordosten Brasiliens geschickt. Er soll in dieser abgelegenen Region Routen für den Bau eines Wasserkanals erkunden. Doch José hat nicht nur mit den Unwegsamkeiten der Natur zu kämpfen, sondern auch mit der Trennung von seiner Frau. Karim Ainouz und Marcelo Gomes´ Film „I Travel Because I Have To, I Come Back Because I Love You“ ist ein Roadmovie, das um die Entdeckung des Selbst kreist. José, den der Zuschauer selbst nicht sieht und dessen Tagebuch-Einträge der Zuschauer mittels Voice-Over-Kommentar hört, lebt in einer Athmosphäre der Leere und Isolation, die deckungsgleich ist mit der verlassenen Gegend, in der der Geologe arbeitet.

Karim Ainouz und Marcelo Gomes´ eindringlicher Film ist nur einer von 17 Spiel- und Kurzfilmen des vom 8. bis 19. Dezember im Haus der Kulturen der Welt stattfindenden Filmfestivals Première Brasil. Und auch das ist nur eine kleine Auswahl des Internationalen Festivals von Rio de Janeiro, denn mittlerweile entstehen in Brasilien jährlich 80 Kino- und Spielfilme, wie uns Festivaldirektorin Ilda Santiago im Interview erzählte. Ihre aktuelle Auswahl zeigt, wie überraschend sich in jüngster Zeit Brasiliens Kino entwickelt hat – thematisch wie ästhetisch. Es erzählt von der Kunst, aus Müll Häuser zu bauen, vom undurchdringlich lähmenden Nebeln des Hinterlandes, dem Psychoterror tödlicher Nachbarn, vom Gefühlschaos weißer Mittelschichtskinder oder dem fantasievollen Freiheitskampf der „Dzi Croquettes“ inmitten der Tropicalismo-Bewegung. Daniel Filhos Spielfilm „Chico Xavier“ erzählt die Geschichte eines der glamourösesten und erfolgreichsten spirituellen Medien Brasiliens. Schon als Kind machte Francisco Cândido Xavier, genannt „Chico Xavier“, Erfahrungen mit Geistern. Als Erwachsener brachte er es Dank seiner übersinnlichen Fähigkeiten zum Medien-Star. Internationalen Ruhm erlangte Chico, als er 1979 in einem Mordprozess eine „Zeugenaussage“ des Opfers vermittelte und so den Freispruch des Angeklagten erwirkte.

Filmszene: "Oscar Niemeyer, das Leben ist ein Hauch"

Filmszene: "Oscar Niemeyer, das Leben ist ein Hauch"

Drei Dokumentationen über die Architektur der Moderne aus Anlass des 50. Geburtstags der Hauptstadt Brasília bilden den diesjährigen Festivalfokus. In „Oscar Niemeyer, das Leben ist ein Hauch“ (Fabiano Maciel) erzählt Brasiliens Star-Architekt selbst die Geschichte seiner großen Werke – von den Bauten für Brasília, von der Zentrale der Kommunistischen Partei Frankreichs, dem Museum für moderne Kunst in Niterói. Entwürfe, deren kühne Kurven und Linien die Architektur weltweit bis in die Gegenwart hinein prägen. Ergänzt wird diese persönliche Sicht des auch politisch engagierten Niemeyer mit Archivmaterial und Kommentaren von Wegbegleitern, des Schriftstellers José Saramago etwa oder des Musikers Chico Buarque.

Martin Daßinnies

Première Brasil, 9. bis 18. Dezember, Haus der Kulturen der Welt, www.hkw.de