Interview: Kirsten Niehuus vom Medienboard Berlin-Brandenburg


Sponsor: tausche Tasche

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Die Festivals werden immer mehr zu Ver- und Auswertern. Ändert sich die Funktion der Festivals?
Niehuus: Da stimme ich ihnen absolut zu. Festivals sind immer mehr eine eigene Auswertungsform. Filmfestivals bekommen immer stärker einen Messecharakter. Und sie bieten, ähnlich wie beim Fernsehen, ein festgelegtes Programm. Jemand hat vorsortiert und ein Bukett zusammengestellt, das die Orientierung erleichtert.

Wie wird die Digitalisierung das Kino verändern?
Niehuus: Grundsätzlich wird die Digitalisierung die Programmierung der Kinos ändern. Kino konkurriert heute mit Unmengen an Bewegtbildern anderen Medien. Jüngere Menschen leben heute konstant mit bewegten Bildern. Auf jeder Webseite läuft irgendwo ein Film. Das nimmt dem Kino die Einmaligkeit. Die Digitalisierung wird andere Inhalte mit sich bringen, die in den Kontext des Arthousekinos passen. Liveübertragungen von Theater zum Beispiel. Filme werden nicht mehr die ganze Woche laufen, dafür eine größere Bandbreite, denn der Transport von Kopien fällt weg. Wenn man nur auf einen Knopf drücken muss, macht das kostentechnisch einen großen Unterschied und man kann schneller Reihen und Filmfestivals kuratieren.

Sie haben 2010 fast 300.000 Euro für die Förderung der Digitalisierung von Kinosälen ausgegeben.

Niehuus: Es ist einfach so, dass Kinos, die nicht in den nächsten fünf Jahren digitalisieren, nicht überlebensfähig sein werden. Das Publikum merkt den qualitativen Unterschied meist gar nicht, aber die Kinos werden von der Nahrungskette abgekoppelt. In naher Zukunft wird es keine Filme mehr geben, die noch mit Kopien durch die Gegend transportiert werden.

Wie funktioniert die Verteilung der Fördermittel?

Niehuus: Die Förderung bezieht sich nur auf Arthouse-Kinos. Multiplexe tragen die Kosten selbst. In Berlin sind es die Programmkinos, in Brandenburg sind es die kleinen Säle, die in manchen Regionen das letzte Stück Kultur darstellen. Sie bekommen von uns einmalig 20.000 Euro und es wird noch weitere Förderungsprogramme geben, für die aber noch die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Dreiviertel der Kosten sollen letztlich durch die öffentliche Hand getragen werden, beim letzten Drittel müssen sich die Kinos mit den Verleihern auseinandersetzen.

Es geht also direkt um die Vielfalt?
Niehuus: Genau so ist es.

Eine persönliche Fragen noch, sie sind studierte Juristin…
Niehuus: …. sprechen sie es ruhig aus, mit Befähigung zum Richteramt.

Wie gestaltete sich Ihr persönlicher Weg zum Film?
Niehuus: Ich bin schon immer gern ins Kino gegangen. Es gab sicherlich viele Leute, die das mit mehr Akribie betrieben haben als ich, aber ich habe es mit großer Leidenschaft getan. Jura habe ich sozusagen nebenbei studiert und habe dann von der FFA gehört, von der ich zuvor nichts wusste. Dort bin ich in die Filmverwaltung gekommen. Für mich eine Schnittstelle zwischen Jurastudium und Film. Es folgte Senator Film. Diese Zeit dort, die Produktionsluft zu schnuppern, hat mir großen Spaß bereitet. Das habe ich mitgenommen, als treibende Kraft bis heute.

Wie hat sich mit der Zeit Ihr Blick auf den Film verändert?

Niehuus: Über diese Frage habe ich noch nie wirklich nachgedacht.  Ich gehe nach wie vor gern ins Kino und rede mal gut, mal schlecht über die Filme, die ich gesehen habe. Das gehört zum Kinogenuss dazu. Natürlich haben sich Dinge verändert. Die Position von Kino in einer immer bildhafteren und filmverwertenden Kommunikationswelt verändert den Blickwinkel. Aber die Begeisterung dafür ist geblieben. Ich wünsche dem Kino, dass es das weiter schaffen kann und sich seiner Kraft besinnt. Damit meine ich nicht den Mainstream, sondern, dass die Bilder ihr Publikum erreichen. Dahingehend hat sich mein Blick nicht verändert.

Noch mal zurück zum Festival und zur Berlinale, was ist denn der besondere Film, den Sie empfehlen können?

Niehuus: Ich würde sagen Wim Wenders „Pina“. Der erste Arthouse-Film in 3D. Wim Wenders ist nach wie vor ein großer Pionier des Films und des Kinos.

Die Fragen stellten Martin Daßinnies und Denis Demmerle.

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